Philip Roth – Die Demütigung

Eine weitere schmale Todesfuge im Spätwerk des 77-jährigen Meisters, für die „Roman“ als Gattungsbegriff nicht recht zutreffend ist: Der berühmte Schauspieler Simon Axler verliert im Alter von 65 Jahren seine theatralischen Fähigkeiten und gerät in eine existenzielle Krise. In einem Sanatorium wohnt er Therapiegesprächen bei, die allesamt von Selbstmordversuchen handeln, und lernt Sybil Van Buren kennen, die halb verrückt wurde, als sie ihren Ehemann beim Liebkosen der achtjährigen Tochter überraschte. Wieder daheim, trifft er Pegeen, die 40-jährige Tochter zweier Schauspiel-Kollegen, die sich gerade von ihrer lesbischen Freundin getrennt hat und es mit heterosexueller Liebe versuchen will. Axler kommt gerade recht, überhäuft die Konvertitin mit teuren Geschenken und genießt den sexuellen Einfallsreichtum Pegeens. Nach einer ausschweifenden Triole mit einer Zufallsbekanntschaft träumt Axler von später Vaterschaft und erkundigt sich nach seiner Zeugungsfähigkeit, da verlässt ihn die Geliebte ohne Erklärung. Der verzweifelte Schauspieler greift zum Gewehr und übt in einem letzten Akt seine Profession aus, indem er das Ende von Tschechows „Möwe“ nachstellt.

Das dürre Geschehen erzählt Roth mit der Trockenheit und Unabwendbarkeit einer unerbittlichen Kurzgeschichte. Einige deftige Passagen erinnern an frühere Säfteleien, doch der Lakonismus dieses Niedergangs ist von erschütternder Beiläufigkeit. Der vom Leben verwöhnte Schauspieler verliert erst sein Talent, dann die menschliche Zuwendung – kein Glaube, keine Hoffnung kann ihn retten. Eine kurze Reise in die schwarze Nacht der Existenz, ohne Wiederkehr. (15,90 Euro)

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