Poliça

„Dreams Go“

Memphis Industries ( VÖ: 17.10.)

Schwerer Electro-Pop mit ein paar Lichtstrahlen.

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Und dann doch noch: eine Gitarre! Eine akustische natürlich, gezupft von Sängerin Channy Leaneagh selbst. Immerhin hat sie mal mit Folkrock angefangen. Im Tech-affinen Electrogewitter-Pop von Poliça schien dieses Instrument lange so wahrscheinlich wie ein Klavier bei AC/DC. Wie ihre Mitstreiter ihr Sperrfeuer hier gut dosieren, um ja nicht all die Zartheit von Leaneagh und ihren Nylonsaiten in „She Knows Me“ unter sich zu begraben, hat wirklich eine Art. Es bleibt die Ausnahme für ein Ausnahmegefühl: von jemandem wirklich ge- und erkannt zu sein.

Es bleibt die Ausnahme für ein Ausnahmegefühl: von jemandem wirklich ge- und erkannt zu sein

Aber eigentlich ging es bei den Sessions zum achten Poliça-Album (inkl. zwei mit Stargaze) um ein ganz anderes, schwereres Gefühl. Denn nach seiner Hirntumordiagnose war allen Beteiligten klar, dass „Dreams Go“ das letzte Werk des Quintetts mit Chris Bierden sein würde. So ziert sein melodiebewusster Bass das erneut nur gut 30 Minuten kurze Werk, das mit dem Four-on-the-Floor-Beat von „Carlines“ startet. Besser noch kommt Leaneagh zur Geltung, wenn die Beats aus gleich zwei Drumsets (Ben Ivascu, Drew Christopherson) und Olsons Electro-Schluckauf geisterhaft um sie herummäandern – wie in „Creepin’“ oder im kryptisch betitelten „ i5a“, in dem Leaneagh fast mantragleich immer wieder „At least we try“ singt, als könnte das noch etwas ändern.

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Das finale Titelstück wirkt mit seinem schweren Groove wie ein spätes Lokal-Echo auf Jimmy Jam & Terry Lewis, die im Minneapolis der 80er-Jahre eine neue R&B-Ästhetik quasi im Alleingang schufen (Janet Jackson!). Bierdens Bass singt noch mal. Wie ein Lichtstrahl am Ende einer Platte, die sich lange durchs Unterholz von Verlust und Erinnerung geschlagen hat. Träume gehen. Menschen auch. Wie schön, wenn sie sich manchmal noch so verewigen können.

Diese Review erschien zuerst im Rolling Stone Magazin 10/2025.