Quasi: „Breaking The Balls Of History“ – Wild und trotzig (Kritik & Stream) - Rolling Stone






Quasi „Breaking The Balls Of History“ – Wild und trotzig


Sub Pop/Cargo (VÖ: 10.2.)


von

Hier die hysterischen Tanzeinlagen der Teenie-TikTok-Stars und die Kids, die sich zu Hause in virtuellen Schulklassen die Hintern platt sitzen, dort Impfverweigerer, Klimawandelleugner, Verschwörungstheoretiker: Zu einem störrischen Drum-Beat, einer knurrigen Fuzz-Gitarre, einem psychedelischen Orgel-Groove und einem knuffigen Alt-Rock-Chorus wagen sich Sam Coomes und die Sleater-Kinney-Drummerin Janet Weiss an die Stellen, an denen die nervös-ängstliche Gesellschaft auseinanderzubrechen droht, schauen Brombeerkuchen essend und Kaffeetrinkend dem unaufhaltbaren Niedergang zu.

Missgelauntsein für Fortgeschrittene

Das Album „Breaking The Balls Of History“ und Songs wie „Doomscrollers“ sind die Antwort der etwas in Vergessenheit geratenen Indie-Rock-Institution Quasi auf das Durcheinander des Corona-Zeitalters. Die Pandemie haben Coomes und Weiss die meiste Zeit in einem winzigen Übungsraum in einem Kellerin Portland verbracht, und zehn Jahre nach „Mole City“ kehrt das Duo nun zurück mit einem tollen Album, das clever, witzig, wild, räudig und trotzig die Gegenwart analysiert, melodie- und harmoniesüchtig und doch sperrig, spröde und sehr finster in die Zukunft blickend.

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Zwischen dem mit einer bösartigen Gitarre verzierten Abzählreim „Last Long Laugh“, der zur Eröffnung des Werks mit einem bitteren Lachen den Tod verhöhnt, bis zu „The Losers Win“, einem atheistischen Choral, der die Platte beendet, finden sich lauter kleine und große mürrische Kostbarkeiten. Hinter der sperrigen Verpackung von „Queen Of Ears“ zum Beispiel lauert ein irrer Smash-Hit.

„Shitty Is Pretty“ klingt wie ein pervertiertes Kinderlied, das zugleich eine Metakritik am Musikgeschäft sein könnte. „Riots & Jokes“ kommt mit quengelnder Orgel wie ein wild gewordener Elvis-Costello-Song aus den 80er-Jahren daher. „Rotten Wrock“ ist ein fieser Psychobilly-Boogie. Und in der sarkastischen Ballade „Gravity“ machen Quasi einem klar, dass, was immer man auch tut, am Ende der Schwerkraft alles egal ist. Missgelauntsein für Fortgeschrittene.


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