Queen

A Kind Of Magic

Zur Unsterblichkeit verdammte Schwertkämpfer im ständigen Blitzgewitter! Sean Connery verkörpert einen ägyptischen Edelmann mit spanischem Namen! Die Hälfte des Films spielt in Schottland! Und der Hauptdarsteller ist ein Franzose und kann kein Englisch! Als „Highlander“ mit Christophe Lambert grünes Licht für die Dreharbeiten bekam, hätte wohl keiner daran geglaubt, dass ausgerechnet dieser Fantasy-Film zu den meistgeliebten des Jahrzehnts werden würde. Aber wie kein anderes Werk bediente „Highlander“ die Sehnsucht der Fanboys nach dem späten Mittelalter, nach den Waffen und Rittern, und die von Bauern bewohnten Highlands in Schottland waren für Hollywood als Schauplatz recht neu. Dazu kamen die wie Laser eingesetzten Blitze; Spezialeffekte, die immer dann aufgefahren wurden, wenn einer der Schwertkämpfer einen anderen Schwertkämpfer geköpft hatte. Es liest sich alles schräg, aber es funktionierte auf der Leinwand.

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Auch Queen hatten den richtigen Riecher. Ihr Soundtrack-Album „A Kind Of Magic“ würde gar das erfolgreichste ihrer Karriere werden – also sich besser verkaufen als „A Night At The Opera“ (mit dem Mega-Hit „Bohemian Rhapsody“), besser als „The Game“, besser als „The Works“. Queen, befreundet mit „Highlander“-Regisseur Russell Mulcahy, einem MTV-Mann, sollten lediglich einen Song beisteuern. Aber Freddie Mercury und Kollegen waren derart begeistert vom Konzept, dass sie gleich sechs schrieben. Der clever gewählte Albumtitel („Highlander“ hätte für eine Platte blöd geklungen) ist ein Film-Zitat Christophe Lamberts, der einem Mädchen seine Unsterblichkeit erklärt – „es ist eine Art Magie“.

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Zu den sechs „Highlander“-Liedern „A Kind Of Magic“, „One Year Of Love“, „Who Wants To Live Forever“, „Gimme The Prize“, „Don’t Lose Your Head“ und „Princes Of The Universe“ gesellten sich noch „Friends Will Be Friends“, das Mercury-Solostück „Pain Is So Close To Pleasure“ sowie der Opener „One Vision“, den die Band auch für den Action-Film „Iron Eagle“ hergab. Die heterogene Song-Mischung macht „A Kind Of Magic“ zu einem durchwachsenen Erlebnis. „One Year Of Love“ und „Pain Is So Close To Pleasure“ spiegeln Mercurys Liebe zu Hollywood-Croonern wider (und sind beide etwas langweilig), „Friends Will Be Friends“ ist eine kitschige Ode an die Männerfreundschaft, ein Pub-Song.

Wie der beste Musikclip des Jahres

Die übrigen „Highlander“-Stücke funktionieren, als eigenständige Werke, wie als Illustration des Leinwandgeschehens. In der schönsten Szene wird alles Gute zusammengeführt. Highlander Connor McLeod (Lambert) hält seine alt gewordene, im Gegensatz zu ihm sterbliche Frau Heather (Beatie Edney) in den Armen, sie wundert sich ein letztes Mal über seine ewige Jugend, unser Blick schweift über die Hügel, Lambert redet im Off, Freddie Mercury singt „Who Wants To Live Forever“, und Michael Kamen orchestriert dazu eine Melodie, die trauriger nicht sein könnte. Diese vier Minuten waren wie der beste Musikclip des Jahres. Zur Zeit seiner Veröffentlichung noch ein weniger beachtetes Lied, stieg „Who Wants To Live Forever“ nach dem Tod Mercurys 1991 zur Hymne auf.

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Nicht weniger effektiv war der „Highlander“-Vorspann, in dem Queen „Princes Of The Universe“ intonieren – und der eben nicht die Band oder Schauspieler in Aktion zeigte, sondern blutrote Schrift vor schwarzem Hintergrund, dazu Mercurys kraftvoller Text vom Gipfeltreffen der Auserwählten („I Have Inside Me Blood Of Kings“). Kein MTV-Schnittspektakel mit Einblendungen der Stars. Voll auf die Wirkung des Songs vertraut, alles voll richtig gemacht.

„Highlander“ setzte sofort sein Zeichen: Dies war ein Rockmusikfilm im Schottenrock. Was alles in dreieinhalb Minuten passieren kann, zeigte die längere Albumfassung: Geistergeheul, Marschmusik, Wrestling-Soundtrack, Speedmetal. Wer bringt mit dem Pop von „A Kind Of Magic“ überhaupt in Verbindung, dass Mercury hier so bretthart singt wie auf keinem anderen Queen-Album?

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Wie Wahnwitz wirkt da der Titelsong: Ausgerechnet dieser klingt nicht nach Stahlschwingerei, sondern wie Swing-Pop, fast  bis zur Unerträglichkeit relaxed.

Heavy Plastic?

Die Achtzigerjahre werden oft als problematisches Queen-Jahrzehnt bezeichnet. Es heißt, die Band habe nach ihrem gelungenen Start 1980 („The Game“ enthielt ihre ersten und einzigen USA-Nummer-Eins-Singles „Crazy Little Thing Called Love“ und „Another One Bites The Dust“) versucht Trends nachzujagen. Das an Disco-Funk orientierte „Hot Space“ (1982) ging baden, auch „The Works“ wurde, trotz Single-Hits, als Popquatsch abgetan. Nachdem Mercury im Video von „I Want To Break Free“ als Frau auftrat, war ihre Karriere in Amerika gelaufen. Die Band war zu Recht fassungslos.

Mit dem weltweit übertragenen Spektakel „Live Aid“ wollten Queen 1985 Boden zurückgewinnen, sie probten für ihr Medley auf der Bühne des Londoner Wembley-Stadions wie verrückt. Am Ende galt ihre zwanzigminütige Performance als Krönung der Veranstaltung.

Nach Erscheinen erhielt „A Kind Of Magic“ enthielt durchwachsene Kritiken – die Beurteilung des Plattencovers außen vor –, der amerikanische ROLLING STONE bezeichnete das Werk als „heavy plastic“. Die Gefühlsstärke von Liedern wie „Who Wants To Live Forever“ oder „Princes Of The Universe“ wurde zumindest in den Folgejahren erkannt. Zur Veröffentlichung des Albums im Juni 1986 brachen Queen auf ihre letzte Tournee auf, ein Jahr später erhielt Freddie Mercury die Aids-Diagnose.

So richtig, wie Queen mit der Erfolgsprognose ihres Schottenmärchen lagen, so spät reagierte übrigens ihre Plattenfirma. Als „A Kind Of Magic“ im Juni 1986 erschien, lief „Highlander“ schon seit drei Monaten in den Kinos.