Replays 1 von Franz Schöler

Die mehrfach „Grammy“-dekorierten Profis beim Columbia Legacy Department in New York waren auch in der letzten Zeit gar nicht faul. Kurz nach den „Complete Buches Brew Sessions“ von Miles Davis legte man nun auch das Debüt des MAHAVISHNU ORCHESTRA in einer von Tonmeister Mark Wilder betreuten Hochbit-Neuüberspielung vot Mit dem Ergebnis, daß „The Inner Mounting Flame“ (Columbia CK 655-23) auf CD zum erstenmal nicht schlechter, sondern eine ganze Klasse besser als auf den Vinylpressungen von 1971 klingt Der für die Jazz-Wiederveröflendichungen verantwortlich zeichnende Bob Beiden steuerte euphorische Liner Notes bei, Komponist Sri Coinmoy alias John McLaughlin fromme Zeilen der Meditation. Und der Superlativ, mit dem man sich selber an dieser Remaster-Edition gratuliert, ist keine Übertreibung. Das hier ist tatsächlich „a timeless fusion masterpiece“. 4,5

Nach den Katalogen von Gene Clark, Flying Burrito Bromers, Sting, Strawbs und anderen hat man bei A&M nun endlich auch das halbe Dutzend Studio-LPs neuerlich überspielt, die JOE COCKER zwischen 1969 und 1975 für das Label aufgenommen hatte. Am meisten profitierten davon mal wieder die frühen Platten „With A Little Help From My Friends“ (A&M 393 106-Z, 4,0) und Joe Cocker!“ {59i 224-2, 4,5),die damals den Kinks-KultistenJohn „Ned“ Mendelsohn zu mindestens ebenso überschwenglicher Prosa inspirierten wie Jahre später den Kritiker Jon Landau über Bruce Springsteen. Nie war Cocker besser ab in diesen Anfangen. Entgegen landläufiger Meinung schwang er sich auch während der Sessions zu den folgenden drei Studio-Longplayern immer wieder mal zu ganz großer Form auf, bevor er dann bei denen zu Jamaica Say You Will“ mit unfaßbar mißratenen Interpretationen großer Johnny Bristol-Jackson Browne- und Randy Newman-Songs seinen Ruf auf Jahre hinaus ruinierte. Die läppische „Greatest MV-Neuauflage braucht niemand. Eine „Best OP-Doppel-CD der A&M-Jahre wird es wohl leider so schnell nicht geben. In Japan hat Fantasy-Lizensnehmer JVC den kompletten Katalog von CREEDENCE CLEARWATER REVIVAL klangtechnisch restauriert wiederveröffentlicht: in schicken Papp-Schubern mit Originalhüllen, allen Texten, Notes, die aber nur versteht, wer Japanisch spricht Den klanglich mit Abstand größten Mehrwert bietet hier ausgerechnet das letzte Studio-Album „Mardi Gras“ (VICP-60544,3,0), das einzige „demokratisch“ zustandegebrachte CCR-Werk, nach dem John Fogerty den Bettel hinwarf, um seine Solo-Karriere in die Gänge zu bringen. Aber auch „Green River“ (VICP-60540),“Willie And The Poor Boys“ (60541) und „Cosmo’s Factory“ (60542), allesamt 4,0 und Meilensteine des Rock-’n’Roll, profitierten hörbar vom neuen Hochbit-Prozeß. Restbestände dieser in limitierter Auflage produzierten Remaster-Edition dürfte man noch bei diversen besser sortierten Importeuren finden.

Die folgende Geschichte ist leider eine ziemlich unerquickliche und traurige. Insbesondere für alle, die das Frühwerk von JONI MITCHELL ohne Abstriche als epochale Leistungen einer ganz einzigartigen Künstlerin bewundern.

Als Miss Mitchell vor Jahr und Tag ihre „Hits“- und „Misses“-Rückblicke zusammenstellte, ordnete sie an, daß nach den Aufnahmen ihrer Asylum-Jahre auch die ersten vier Reprise-LPs neu zu überspielen seien. Und zwar von Joe Gastwirt in HDCD-Kodierung, so daß sie sich ihrer Fan-Gemeinde endlich in bestmöglicher Klangqualität präsentierten. Fürs Debüt wurden jetzt gar wieder der ursprüngliche Titel („Song To A Seagull“, Reprise 6293-2, 4,0 ) und die originale Cover Art verwendet Die Original-Klappcover auch bei den Alben „Clouds“(6341-2, 4,0 ), „Ladies Of The Canyon“ (6376-2, 5,0) und „Blue“(2038-2, mit 5,0 eher „unterbenotet“!) verboten sich wohl aus Rücksicht auf eine Placierung in den Regalen des Handels.

Peinlich, aber traurige Tatsache: In Japan wurden diese Aufnahmen in Papp-Covers neu veröffentlicht. Aber die Remaster schafften es offenbar nie bis Japan. Verwendet wurden die Uralt-Überspielungender 80erJahre. Die Kunde von der Existenz der Remaster drang leider auch nicht bis zur CD-Fabrik des Konzerns in Europa durch. In ganz Euroland wurden bis zum heutigen Tage die frühen Platten des Singer/Songwriter-Genies in denselben Asbachuralt-Fassungen auf CD vermarktet Wie die auch für ihre ganz wunderbare Klangqualität vielfach gerühmten Produktionen – vom Mutterband abgespielt – wirklich besser klingen, hört man erst jetzt so richtig. Im Vergleich werden hier nämlich so ziemlich alle Mängel der von Analog-Freaks oft geschmähten 16bit-PCM-Technik manifest: Allzu oft klingt die Stimme der Sängerin auf den früheren CDs dünn bis anämisch. Hier wurden die Hallund Pegelverhältnisse zwischen Stimme und Instrumentalbegleitung verfälscht! Die in den komplexen Tunings der Gitarren (für die sie von Kollegen so abgöttisch verehrt wird) erzeugten Klangfarben und Obertonspektren waren zuvor teilweise regelrecht verfärbt Absurd auch: Der Baß, den Stephen Stilb beim Debüt spielte, klingt jetzt ungleich tiefer und satter und nicht mehr wie durch ein Tiefpaßfilter „rolled off. All diese Unterschiede sind mindestens so kraß wie im Fall der brillant gelungenen Byrds-Remaster. Oder einem anderen Meisterwerk, das man bei Reprise kürzlich in Neuüberspielung veröffentlichte, nämlich Sinatras „September Of My Years“.

Nur: Kaufen kann man diese exzellenten Neufassungen bis auf weiteres wohl nur in einem besser sortierten Laden bei einem USA-Trip. Ob und wann die neu überspielten Bänder hierzulande je für die generelle Produktion übernommen werden, war bis Redaktionsschluß auch mit mehreren Anfragen nicht in Erfahrung zu bringen.

Für den 16. März hat derweilen das teils von den Sinatra-Kindern aufgekaufte Label Dunhill Compact Classics eine eigene Remaster-CD (goldbedampft und natürlich nicht zum Midprice!) von „Blue“ angekündigt Zwei Monate später soll dort auch „Ladies Of The Canyon „in „vergoldeter“ CD-Version folgen. Wie bei Dylans „Highway 61 Revisited“ und „Blonde On Blonde“ bekommt man Meisterwerke endlich in der entsprechenden Qualität.

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