REPLAYS 2 von Bernd Matheja

Ihre Dröhnungen klangen, wie sie hießen: „Dirty Robber“, „Wailin 1 „, „Scratchin'“; zwei Hits hatten sie auch („lall Cool One“ und „Mau Mau“), und einmal brachten sie es fertig, daß ein Titel sich anhörte wie die Reparatur einer Musicbox – von innen aufgenommen („High Wall“): die WAI-LERS aus Tacoma, Baujahr 1957, von denen sich die Kingsmen oder Ventures einige Scheiben abschnitten. „The Original Golden Crest Masters“ – (Ace CDCHD 675/Contraire, erstmals in dieser Qualität zu haben) sind instrumentales Rock’n’Roll-Gold, sporadische Sangesausflüge inklusive. Bei den Nordwestamerikanern bewahrheitete sich die alte Faustregel: Je schmucker die Kluft, desto berauschend-mülliger der Sound – und dieser Fünfer kam gern in Weil? oder der adretten Club-Kombi. 20 Tracks – darunter Unveröffentlichtes – von einer der besten Combos der späten 50er, frühen 60er Jahre. Ein halber Hilfestern für das vorzügliche Booldet (Fotos, Story, Discographie) hievt die komplette Chose auf verdiente 4,0

Wie vor zwei Ausgaben angekündigt: „Beat With The Boots (And The Sanford Alexander Beat)“ liegt jetzt vor. Die zweite Scheibe der Berliner Them-Epigonen führt titeltechnisch allerdings auf den Holzweg: Vom Beat sind bestenfalls Restakkorde vertreten, schließlich schrieben wir bereits 1967. Und so setzte sich das BOOTS-Material aus Schmachtballaden („Another Tear Falls“), Bonsai-Flower-Power („Gaby“; beides Bonus-Tracks), BookerT.-Verschnitt und fiebrigen Soul-Schwitzern mit Blech (JBarefootin'“, „I Feel Good“, Jt’s A Man’s, Man’s, Man’s World“) zusammen. Kirmesorgel und Werner Krabbes Krächzen hielten jedoch die Verbindung zum weitaus Rhythm 8C Blues-orientierteren Sound des Debüt-Albums aufrecht. Weitere Extra-Beigaben sind „You’re Gonna Wreck My Life“ und „Spoonful“: live aus dem Liverpool Hoop in Berlin – beide mit dem am schlechtesten gefälschten Applaus der Musikgeschichte. Zwei potentielle „Bringer der Jahres“ am Schluß: das bis dato unveröffentlichte „Hey Hey Hey Hey (Der Sinn des Lebens)“ sowie – aus der raren LP „ßarf bis zum Wedten „“Aber ich blieb kühl“, selbst als augenzwinkerndes Produkt noch eine wirklich unglaubliche Nummer aus dem Tollhaus. 3,5 also für die skurrile Veröffentlichung mit Katalognummer Telefunken 3984-220-066-2.

Eine der bislang schönsten Compilations aus der „Abbey Road Studios“-Reihe der EMI ist „Helen Shapiro At Abbey Road, 1961 -1967“ (EMI 7243 4 93452) – mit zehn ihrer elf UK-Hits, darunter die Klassiker „bu Don’t Know“, „Walkin‘ Back To Hapiness“, „Teil Me What He Said“, „Don’t Treat Me Like A Child“ und „Fever“. Eine CD, bei der es der Mix macht: Rock’n’Roll, jazzige Club-Schieber, Pop-Balladen aus der Prä-Beatles-Ara. 28 Tracks in Spitzen-Klangqualität, und auf den Punkt genau richtig ausgesucht. Daß HELEN SHAPIRO den Booklet-Text selbst geschrieben hat, erhöht die Authentizität der gesam- ten Veranstaltung obendrein. Ausführliche Zusatzinformationen über die beteiligte Producer-Legende Norrie Paramor und zur Geschichte der Studios runden das Top-Projekt (zum Midprice!) ab. Darum 4,0 für Englands attraktivste nasale Schnupfstimme, die inzwischen seit 37 Jahren im Geschäft ist.

Wer auf CD-Raritäten aus der englischen Rhythm 8C Blues-Periode scharf ist, sollte bei „R&B At Abbey Road, 1963 -1966“ zugreifen (EMI 7243 4 93453). Neben Größen wie Rod Stewart, Longjohn Baldry, Manfred Mann, Graham Bond, Cliff Bennet und den Pirates tummelt sich nämlich hier Britanniens hochinteressante B-Mannschaft in Gestalt der Boston Crabs, Shades Of Blue,The Jynx (top!), Sons Of Fred, Boston Dexters, Phil Ryan & The Crescents, Togery Five, Beat Metthants, The Action (top!) und anderen. Eine Fundgrube für Sammler, und ein aufschlußreicher Bück hinter die erst Popularitätsreihe. 3,5 für die hier versammelten 26 Titel, davon diverse sogar erstmalig auf einer CD im Umlauf.

Ein Billig-Happen für Einsteiger: „Gold & Blues“ (Select/Casde SEL-CD 507) von Englands großer, erwachsener Stimme – ELKIE BROOKS. 16 Tracks aus ihrer Post-A&M-Zeit, davon acht von der schändlich unterbewerteten CD J-lothingBut The Blues (Highlight: „I’d Radier Go Blind“). Ergänzt wird das Programm mit voluminösen, oft den Sirup-Bereich streifenden Cover-Versionen, etwa von „Ony Women Bleed“, „We’ve Got Tonight“ und „Stairway Tb Heaven“. Guter Mainstream mit einer Menge Vitamine. 3,0

Selten hat es in einer langlebigen Formation über die Jahre eine solche Anhäufung von Spitzenkräften gegeben wie in der PAUL BUTTERFIELD BLUES BAND: den Meister selbst an der Harmonika, dazu die kreativ-disziplinierten Ausnahme-Gitarristen Mike Bloomfield, Elvin Bishop und Buzzy Feiten, den Organisten Mark Naftalin, Drummer Sam Lay. Der Doppeldecker „An Anthology: The Elektra Years“ (Elektra 62124/TIS) mit 33 Titeln vermittelt einen exzellenten Einblick in die Entwicklung der Kapelle vom puristischen Blues-Ensemble zur Kompakt-Crew mit Jazz-Ambitionen (David Sanborn, Ralph Walsh, Billy Davenport) – mit seltenen Titeln und CD-Premieren. Die bislang beste Kopplung der intensiven Musik der 1987 verstorbenen Zwölftakt-Spezialisten ist mit 4,0 angemessen bewertet.

„Cool About You“ (RPM 181/Contraire) ist eine 73minütige Kopplung diverser BBC-Sessions von SANDIE SHAW aus den 80er Jahren. Mit durchweg passablen Versionen bekannter Tracks wie „Nothing Less Than Brilliant“, Jean“ (mit zwei Smiths-Musikern), „Anyone Who Had A Heart“, „Hello, Angel“ sowie Songs von Patti Smith, Fairground Attraction und (ja!) Chris Andrews. Sogar die Smiths hatten der Shaw 1983 ihre Aufwartung gemacht und einen schmissigen Song für sie geschrieben – wahrscheinlich eine Jugendliebe von Morrissey und ein Vorbild in Grandezza. Die vorliegende Scheibe – mit einigen Akustik-Einschüben – als Ganzes wird nie in der ersten Liga gelistet werden, verdeutlicht aber, daß die stimmlich arg limitierte Sixties-Hupfdohle zu einer ansprechenden Eighties-Interpretin gereift war. Eine lange Künstlergeschichte ging damit wohl leider zu Ende – und zwar immerhin sehr ordentlich. Guter Job, Sandie. 3,0

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