Replays von Bernd Matheja

Als Vinyl-Pressung schier unauffindbar, jetzt gibt es die CD – um zwei Titel auf nun- mehr sogar sensationelle 17 erweitert: „Sky High“ (Indigo IGOCD 2012) von ALEXIS KORNER, 1966 auf dem Ramschkasten-Label „Spot“ veröffentlicht, präsentiert sich auf diesem Puristen-Leckerbissen eine der besten Korner-Combos: Duffy Power, Danny Thompson, Terry Cox, Alan Skidmore und Chris Pyne. Typischer Alexis-Stil, oft an Rohbauten erinnernd – mit swingenden Ausflügen vom Blues in den Jazz. Klasse-Ausgrabung! 4,0

Ebenso verdienstvoll: „The Keith Powell Story“ (Sequel NEMCD 717). 24 Tracks jenes Sängers aus Birmingham, der zu den verkanntesten Britanniens zählt und zwischen 1963 und 1967 ausschließlich Singles absondern durfte – mit Beat (weniger toll) und (um so vorzüglicher) limitiert monströsen Soul-Balladen, teilwiese als Duett KEITH POWELL und BILLIE DAVIS intoniert. Eine ungewöhnliche Kreuzung, die der Herr aus dem Hals ließ. Motto: Scott Walker meets David Clayton-Thomas. 3,5

In Europa nahezu völlig ignoriert wurde Anfang bis Mitte der 70er Jahre die amerikanische Formation McKENDREE SPRING, die leider rund 20 Jahre zu früh aktiv gewesen ist – gemessen daran, was heute als „in“ gilt. „First“ (Line 9.01256), „Second Thoughts“ (Line 9.01257) und „Third“ (Line 9.01258) fußen auf deutlich akustischem Fundament. Schwerpunkt: Folkloristisches, mit Rock und Klassik-Elementen in wohldosierter Beimengung, geschmackvoll arrangiert und niemals überfrachtet. Fazit: quasi „unplugged“, aber nicht, weil’s gerade Mode war. 4,0

„Stackwaddy“ und „Bugger Off“ (See For Miles SEECD 407) von STACKWADDY wurden auf einer CD untergebracht – womit das Gesamtwerk erfaßt wäre. Die britischen Rabauken, die von ihrer Optik und vom Krach-Pegel her ganz Seattle auf Kindergarten-Niveau hätten reduzieren können, holzten zu Beginn der 70er Jahre einen Sound heraus, der noch heute wie ein Bastard aus frühen Pretty Things und Motörhead mit Kolbenfresser anmutet.3,0

Prächtig gelungen sind „The Roulette Years“ (Sequel NEDCD 266) des kanadischen Rock’n’Roll-Urgesteins RONNIE HAWKINS & THE HAWKS mit 57 Songs von 1959 bis 1963, inkl. zwölf unveröffentlichten. Top-Rock’n’Roll, oftmals in verblüffender (True Stereo) Qualität. Für alle Fans von The Band Pflicht, denn dabei sind die Herren Helm, Danko, Manuel und Robertson. Dazu ein exzellentes Booklet. 4,0

Ein Fall für Hardcore-Sammler, aber dennoch ein Stück Musik-Historie ist „Äeg Dwight’s Piano Goes Pop“ (RPM 142), Baujahr 1969/70. REG DWIGHT ist natürlich Elton John – und selbst er mußte, bevor der Rubel richtig rollte, für die Brötchen sorgen. Abo verdingte sich Old Rubberfinger als Nachspieler populärer Hits für billige Kaufhaus-Platten. Hier kommen als ultra-seltene Ausgrabungen Yellow River“, „In The Summertime“, „Neanderthal Man“, „Cottonfields“ und ähnliche Kulturbomben. Reine Kuriositätenbenotung: 4,0

„25 Years“ nennt sich die Jubiläums-Compilation der CLIMAX BLUES BAND (Repertoire REP 4310/2 CD). Neben einigen CD-Premieren sind CBB-Klassiker wie „Couldn’t Get It Right“ (Der Titel war allerdings ein grobes Plagiat des Stretch-Songs „Why Did You Do It?“.) und das eindrucksvoll betitelte „I Love You“ zu hören. Mit Informationen von Sänger Colin Cooper eine wahrlich opulente Zusammenstellung. Und von jenen müden Rentnern, die heute noch unter dem Namen Climax Blues Band hin und wieder durch irgendwelche Winz-Clubs touren, sollte man sich vom Kauf der Compilation nicht abhalten lassen. 3,5

Mit der Edelschnulze „Love Hurts“ dröhnt Nazareth-Shouter DAN McCAFFERY noch immer von jeder Schmus(e)-Kopplung. Vor 20 Jahren nahm der Schotte mit dem Raspel-Sound eine Band-Auszeit, um persönliche Song-Favoriten aus fremden Federn auf Vinyl zu bannen. „Dan McCafferty“ (Castle NEM 64o) enthält Bonbons wie „Cinnamon Girl“ von Neil Young, „Out Of Time“ von Chris Farlowe und Bob Dylans „Boots Of Spanish Leather“ durchweg in appetitlichen Versionen, die eng am Original blieben und durch McCaffertys verknarzten Gesang deutlich gewinnen. 3,5

Völlig abgesoffen war 1984 „Live In The Studio“ von TONY ASHTON (damals von EMI Switzerland veröffentlicht!). Die unscheinbare Scheibe wurde auf 17 Tracks aufgestockt, die der ehemalige Remo Four-Orgler, Shouter und Teilzeit-Humorist mit Dave O’List (Ex-Nice-Gitarrist) und Trommler Mickey Waller (Ex-Jeff Beck Group) einspielte. Das Resultat: Alltags-Rock, immer wieder mit bluesigen Untertönen ausgestattet (Repertoire REP 4509). 3,0

Die Garbo des Folk-Rock hieß vor 25 Jahren BRIDGET ST. JOHN: mit göttlicher Stimme gesegnet, irgendwo auf der Endlosstrecke zwischen Sandy Denny und Zarah Leander (Vergebung!). Die Original-Scheiben „Ask Me No Questions von 1969 und „Songs For The Gentle Man“ von 1971 gibt’s jetzt auf einer Einzel-CD – damit sind zwei äußerst gesuchte Platten des ehemaligen Dandelion-Labels wieder verfügbar (See For Miles SEECD 408). Der geneigte Käufer erhält zerbrechliche, obergepflegte Traditionsmusik, die aber zu keinem Zeitpunkt bemitleidenswert brotbeutelig geriet. Heutzutage wird eine Könnerin wie June Tabor kriminell unterschätzt – ebenso erging es damals der Kollegin St. John, die später Berufung und Trinkgeld als Kellnerin in New York fand. 4,0

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