Richmond Fontaine – Post To Wire

Sie trafen sich vor zehn Jahren auf der Pferderennbahn von Portland. Willy Vlautin, Sänger und Gitarrist, und Dave Haltung, Bassist der Band, die sich wenig später Richmond Fontaine nennen sollte – nach einem Loser, den Vlautin mal in Mexiko getroffen hatte. Der Titel ihres fünften Albums erinnert nun an dieses folgenreiche meeting across the tracks. „Post To Wire“ heißt es dort, wenn ein Gaul aus der Box heraus direkt in Führung geht und diese bis zum Ende nicht mehr abgibt Die Karriere des Quartetts aus Oregon war bisher alles andere als ein Start-Ziel-Sieg. Nicht zu glauben, dass diese famose Band es bisher noch nie in diese Gefilde geschafft hat, wo doch zig minder begabte Genrevertreter regelmäßig ihre Aufwartung machen. So müssen Richmond Fontaine vorerst weiter (musikalische) Postkarten verschicken, was sie hier sogar als strukturellen Kniff kultivieren. Die erste kommt aus Kalifornien, und das passt wunderbar. Steht die Band doch weniger in der No Depression-Ästhetik des Mitderen Westens, als vielmehr im Geiste des Country-Punk-Aufbruchs in LA. vor 20 Jahren. Damals, er war 13, bekam Vlautin von seinem Bruder immer diese Tapes geschickt Blasters, Green On Red, Rank And File, Lone Justice…

„He took her on a trip after she got suspended“, ist der verheißungsvolle Anfang eines Albums, das nach Typen klingt, die auf der Rennbahn ihr letztes Hemd verwetten. Doch es gibt auch den Titelsong, ein sehr erwachsenes Liebeslied, ein Duett mit Gast Deborah Kelly, noch romantisch und doch schon so schön bar jeder Illusion. Und da ist der zarte Hoffnungsschimmer von „Polaroid“, zu dem Paul Brainard eine ganz tolle Pedal-Steel spielt Und zwar selbst dann, wenn die Jungs hinter ihm aufs Gaspedal treten, als gäbe es kein Morgen. Überhaupt: Richmond Fontaine verstehen es meisterhaft, die alles entscheidenden Momente heraufzubeschwören und zu verdichten. Die verpassten („The Longer You Wait“), die, die man unbedingt festhalten will („Barely Losing“) oder erst mal herbeisehnt („Allison Johnson“), auch die verzweifelten („Hallway“).

Man hat Vlautins Texte schon mit den Short Stories von Raymond Carver verglichen. Und so schief ein Vergleich wie dieser immer sein muss, der lakonische, latent bedrohliche Tonfall der Geschichten und auch dieses aufwühlende Gefühl der Fassungslosigkeit, das einen am Schluss überkommen kann.

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates