Rickie Lee Jones

Balm In Gilead

Wehmütige Rückschau einer großartigen Singer/Songwriterin

„Wild girl, you must have been a terror when you were young!“ Rickie Lee Jones gibt sich altersweise, wenn sie sich daran erinnert, wie das kleine Mädchen damals durch den Garten tollte und ihrer Mutter das Leben schwer machte. Jetzt wird das Mädchen 22 Jahre alt, und Mama singt ihr mit dieser immer noch ausdrucksstarken Stimme ein Geburtstagsständchen – verziert mit einer zarten Rhythm’n’Blues-Gitarre, einem glucksenden E-Piano, einem raunenden Backgroundchor und sanften Bläsern im Finale.

Fast so alt wie das wilde Mädchen im roten Kleid ist auch der Song, der diese Platte eröffnet. Die Idee zu „Wild Child“ stammt noch aus den „Flying Cowboys“-Sessions, die vor 20 Jahren erschienen. Wie diesen Song hat Rickie Lee Jones die meisten Nummern auf „Balm In Giiead“ vor vielen Jahren angefangen und nun mitunter aus verändertem Blickwinkel fertiggestellt. Inzwischen prägt eine melancholisch nostalgische Grundstimmung diese etwas andere Werkschau der Singer/ Songwriterin.

Da wäre etwa das soulige „Old Enough“, bei dem Rickie Lee Jones nicht nur von einer säuselnden Orgel, sondern auch von Ben Harper als Duettpartner begleitet wird, der gleich am Anfang des Songs bekümmert feststellt: „Something has changed.“ Zurück sehnt sich auch der Countrywalzer „Remember Me?“ Und der bittersüße Folksong „Bonfires“ nimmt nur trotzig Abschied. Zwar stemmt sich die Jazzballade „The Moon Is Made Of Gold“, die Jones‘ Vater für sie und ihre Geschwister schrieb, als sie noch Kinder waren, gegen die Schwermut („Don’t feel bad because the sun is gone“), und „The Gospel Of Carlos, Norman And Smith“ hofft auf eine Welt, in der alle Rassen in Frieden zusammenleben. Doch das atmosphärische „The Jeweled Floor“ beschwört dann einmal mehr das Vergangene.

Zur melancholischen Studie gerät schließlich das großartig Empfindlichkeit in ein verhuschtes Klavier, in betörende Harmonien, in ein seufzendes Streichquartett verwandelnde „Eucalpytus Trail“: „All my old friends have gone Underground“, klagt Rickie Lee Jones darin zärtlich, „I am the last of mv kind in this town.“