Robert Ellis :: Photographs

Poetische Folk- und Country-Songs des jungen Texaners

Er könne sich, sagte Robert Ellis der „New York Times“, „nichts Langweiligeres vorstellen, als nur ein Ding zu machen“. Genau das könnte das Problem des 22-jährigen Texaners werden, hört man dieses stilistisch exakt in der Mitte geteilte Album (sein zweites). Was sagen die James-Taylor-Freunde, die nach „Friends Like Those“ bestimmt gleich verzückt mit der Zunge schnalzen, wenn sie in der zweiten Hälfte durch und durch klassische Honky-Tonk-Stücke wie „Comin‘ Home“ und den Titelsong vorgesetzt bekommen? Und halten die, die Ellis bei seinen „Whiskey Wednesdays“ in den Clubs von Houston mit Covers von Merle Haggard bis Ray Price kennenlernten, überhaupt so lange durch?

Immerhin: Die Überleitung von Folk zu Country gelingt Ellis im spät doch noch davonbrausenden „Westbound Train“ perfekt. Und jenseits aller Schubladendenke schreibt der Mann einfach schöne bis unglaubliche Songs, die – wie die Kindheitserinnerung „Bamboo“ – seinen Jahren voraus zu sein scheinen und dabei das Prosaische in pure Poesie verwandeln. Das Paradestück heißt „Cemetery“ und nimmt sich alle Zeit der Welt (na gut: knapp sieben Minuten) und auch noch ein Streicher-Quartett, um ein mitternächtliches, weinseliges Rendezvous zwischen Grabsteinen heraufzubeschwören. Aber wie anschließend „Two Cans Of Paint“ aus der Notwendigkeit, noch ein paar Zimmer zu streichen, mal eben ein Glücksversprechen für die Ewigkeit destilliert, ist auch nicht übel.

Folk oder Country: Robert Ellis hat immer eine sehr sanfte Stimme. Aber davon darf man sich nicht täuschen lassen. In einem furiosen No-Cheatin‘-Heuler verspricht er seiner Liebsten „No Fun“, sollte sie den Spaß mal ohne ihn suchen: „And don’t you think just cause I’m nice I can’t be mean …“ Der nette Robert Ellis macht einfach sein Ding. Ein Glück. (New West/Blue Rose) Jörg Feyer

Beste Songs: „Cemetery“, „No Fun“, „Bamboo“

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