Roots von Jörg Feyer
Vom Club zum Label: Was „Antone’s“ in Austin als erste Adresse des Texas-Blues regional vorexerziert hat, kann die landesweite HOUSE OF BLUES-Kette mit der Multi-Marketing-Power schon lange. Im prallen Startpaket machen inbesondere der kauzige PAUL BLACK („King Dollar“) aus Wisconsin und sein eleganterer Kollege JOHN MOONEY („Against The Wall“) aus New Orleans eine gute Figur mit reduziertem Slide-Blues auf der Höhe der Zeit, aber viel Gespür für die Tradition. 3,0 bzw.3,5
Wer sich zunächst nur einen Überblick verschaffen möchte, der greift zur Compilation „Hot Biscuits Of The House Of Blues“ mit sieben aktuellen Label-Acts. (alle: BMGAriola).
Wenn Bob Wills und die Beatles Nachkommen hätten zeugen können, wären vermutlich Radney FOSTER AND Bill LLOYD dabei herausgekommen. Zwischen 1986 und 1990 galt das Duo in jeder Hinsicht als das Hipste, was Nashville passieren konnte. Wer sie damals verpaßt hat, kann das Wesentliche jetzt mit der 20-Song-Nachlese „The Essential“ (RCA/ARIS) nachholen: Alle Hits, prima Linernotes und dazu eine schöne, bisher unveröffentlichte Version von Peter Holsapples (!) „White Train“. 4,0
Wenn nichts hilft, hilft der Blick zurück. Und so gelten heute BR5-49 als das Hipste, was Nashville passieren könnte. Auf „Live From Robert’s“ (Arista/BMG) hievt das Bar-Quintett um die potenten Songwriter/Sänger Gary Bennett und Chuck Mead den rotzigen Hillbilly-Swing der Fifties in die 90er Jahre. Das macht Spaß, das hat Schmiß. Ob’s zu mehr reicht, wird sich erst erweisen, wenn sie ihre geliebte Stammpinte in Richtung High-Class-Studio verlassen müssen. 3,5
Den Weg haben die ähnlich gelagerten CARPETBAGGERS bereits erfolgreich zurückgelegt, auch wenn „Sin Now… Pray Later“ (Hightone/Semaphore), das dritte Album des Trios aus Minneapolis, stilgemäß eher nach low budget klingt. Dem ebenso rasanten wie vielseitigen 17-Song-Set wird es gerecht. 3,5
Memphis in the meantime: Nach dem veritablen Comeback „Full Time Love“ verliert sich Frau ANN PEEBLES auf ihrem neuen Album „Fill This World With Love“ (Zensor/Indigo) leider in Duett-Spielchen (mit Mavis Staples und Gatte Don Bryant), einem überflüssigen Endlos-Medley und einer indifferenten Produktion. Wer hat Ihr bloß eingeredet, sie müßte Tina Turner nacheifern? 2,0
Gleich elf Tracks aus Peebles‘ Glanzzeit vor rund 25 Jahren finden sich auf der 4-CD-im BuchCompilation mit dem trefflichen Titel
ROYAL MEMPHIS SOUL
(Edel Contraire), die die Geschichte von Hi Records (darunter AI Green, Syl Johnson und O.V. Wright) ausführlich rekapituliert. 4,0
HANDS ON THE WHEEL aus Frankfurt haben zwar keinen großen Plattenvertrag mehr, dafür aber in Eigenproduktion mit „Promised Land“ (Roving Records/Point Music) ein ganz anständiges, semi-akustisches Songwriter-Rock-Album auf die Beine gestellt, das die Genre-üblichen Road-Mythen von Verheißung, Sackgasse, Wechsel und Neuanfang verhandelt. Schöner, direkter Sound, allerdings auch so manches schöne Text-Klischee. Knapp: 3,0
„Hands On The Wheel“ heißt auch ein Song im Repertoire der durchaus geistesverwandten RAINRAVENS aus Austin/Texas, die aber auf „Rainravens“ (Blue Rose/RTD) einen stärkeren Country-Rock-Einschlag an den Tag legen. 3,5
Nashville-Konfektionsware: SAMMY KERSHAW kehrt auf dem clever betitelten „Politics, Religion And Her“ (Mercury/IMS) reumütig in den Schoß eines traditionelleren (Fiddle-)Sounds zurück. Kollege TOBY KEITH ist der schwächere Interpret, hat dafür aber ein paar Songs in petto, die sich auch bei Randy Travis gut machen würden. Sein „Blue Moon“ (A&M/IMS) hätte eine schöne Affäre über männlichen Selbstbetrug werden können, aber Klischees haben es verhindert. Beide: 2,5