RPM 45 von Wolfgang Doebeling
Die beste Band der 80er Jahre hatte ihr Regime auf drei Killer-Singles gegründet: „Hand In Glove“, „This Charming Man“ und „What Difference Does It Make“. Die derzeit beste Band Britanniens legt mit „Hauted By You“ (Costermonger 4) ihre vierte exquisite 4,5 in Folge vor. Den bösen Verdacht, bloße Smith-Clones zu sein, können GENE damit noch nicht völlig ausräumen. Martin Rossiter singt halt wie ein aufgezogener Morrissey, doch klingt Steve Mason jetzt wie Keef n’Ron zusammen: muskulöser, luxuriöser, selbstbewußter. Dazu eine erhebende, an Gene Clark gemahnende Melodie. Brillant. 4,5
Auch MARION haben die Smiths internalisiert. Auf ihrer Single „Sleep“ (London X360) kommen sie jedoch eher wie die Buzzcocks mit R&B-Infekt daher. Das Quintett aus der Nähe von Manchester setzt auf wunderbar sparsame Moll-Akkorde, Harmonica-Drive und eine Wildheit, die sie sich hoffentlich noch eine Weile bewahren können. 4,5
Die bislang beste Single von ELASTICA heißt „Waking Up“ (Deceptive BLUFF 11), verläuft melodisch weitgehend kongruent mit „No More Heroes“ von den Stranglers, bezieht ihre nicht unbeträchtliche Energie und Attraktivität aber vor allem aus Justine Frischmanns höhnisch-sarkastischen Vortrag und Augenaufschlag. 4,0
Von Babes zu Bimbos: SHAMPOO sind – no kidding! – big in Japan, wo ihr kichernder, kratzbürstiger Glam-Pop fraglos noch aufgewertet wird durch den Bonus der Blondheit. „Delicious“ (Food 58) ist marginal besser als die Vorgänger, jedoch Bubblegum wie gehabt, ein klein wenig punky und trashy, aber zu hundert Prozent Plastik. 2,5
Alles andere als Plastik sind VERUCA SALT. Chicago’s finest drohen eher ins andere Extrem abzurutschen: Schlampenrock. „Number One Blind“ (Hi-Rise FLAT 16) hat ihn noch, den Pop-Faktor, und ihr Cover der Pistols-Grusel-Nummer „Bodies“ auf der B-Seite verrät Stil und Verstand, aber in Amerika schickt Geffen sie bereits mit Hole auf Tour. Das kann nur schiefgehen. 3,5
„Hide & Seek“ (Dead Dead Good 30) ist die vierte MANTARAY-Single in acht Monaten und musikalisch more of the same: strenger, stringenter Mod-Pop ohne Sixties-Allüren. 4,0
Ganz und gar den Sechzigern verpflichtet sind THE INSOMNIACS aus New Jersey. „Sylvia Gray“ (Outer Limits 62.704) ist britisch geprägter, gebremst-psychedelischer Gitarrenpop, wie man ihn von diesem stilsicheren Trio erwarten darf. The Creation lassen grüßen. 4,0
„They are loud but lustig“, behauptet der Promo-Text zur 7inch-EP „Natural Born Cowboys“ (String 95005) über die DIXIE GUNWORKS aus Hamburg. Fünf Instrumentals birgt die EP, holprig-dilettantische Soundtracks für imaginäre Western-B-Movies. Hörenswert ist einzig „Ferengi Jive“, den Rest subsumieren wir unter Party-Gag. Laut? Sicher. Lustig? You must be joking. 2,5
Die fabste Merseybeat-Combo seit den Pleasers nennt sich THE KAISER, kommt natürlich aus England und spielt auf „Beat Sessions No.l“ (Bedrock 004) viermal Beatmusik des Jahres 1964. In gloriosem Mono. Für Fans der ganz frühen Beatles. Fab sleeve, too. 3,5
Und noch eine EP mit tollem Cover: die dritte 45 der LOVED ONES aus Oakland, California, bedient sich aus einer anderen Zeitblase. „You Better Do Right“ (Lazy Eye 40) ist Mid-Sixties-Soul, entweder mit Brit-R&B-Tendenzen oder mit Chicago-Blues-Feeling. Good stuff.4,0