Short CutS von Wolfgang Doebeling :: Annie
Anniemal Eine Remedur. Annies Bubblegum-Electro-Pop, von dem nicht zu erwarten war, daß er über LP-Länge die Spannung halten könnte, tut ebendas. Nicht ganz auf dem Niveau ihrer Single „Chewing Gum“, eine Double-Bubble-Portion Hasch-mich-Sex, die im vergangenen Jahr so hartnäckig auf dem Plattenteller klebte, daß andere45s eifersüchtig wurden. Die LP schien danach wie ein Anti-Climax, sie entbehrte Tunes, es blieb nicht viel hängen. Außer der Bestätigung des Vorurteils, wonach sich auch der subversivste Dance-Pop nicht für Alben eignet. So kann man sich täuschen. Auf Dauer macht die vollsynthetische Süße diverser Cuts süchtig, und die schöne Norwegerin mit noch schönerem Namen (Anne Lilie Berge-Strand, hach) kann zwar nicht singen, aber mit ihrem Stimmchen unwiderstehlich lokken. Die Sounds und Beats von Richard X und Hannah Robinson tun meist das übrige, versagen nur selten ihren Animationsdienst. Späte Erkenntnis: prima Platte. (679 RECORDINGS) 3,5 iweet It sMeAgain Eine Enttäuschung. „Southern Hummingbird“, Tweets Debüt-LP, war exzellent. Und das keineswegs nur wegen ihrer raffinierten Avant-Tricks von Master Timbaland. Vor allem hatte das Album tückische Texte und treffliche Tunes wie „Motel“ oder „Complain“. Die hier fehlen. Stattdessen setzt es holprigen HipHop und sämige Balladen. Die Single „Turn Off Da Lights“ gehört zu den wenigen Tracks, die Tweets vor drei Jahren gegebenes Versprechen wenigstens partiell einlösen. (A t-LANTI 2,0 Otis & Shugg WeCanDoWhatever Eine Verspätung. Zehn Jahre nach ihren feinen Singles „Keep It On The Real“ und „Journey“ schieben Otis & Shugg nun endlich das Album nach. Dem man indes nicht anhört, wie lange es auf Eis gelegen hat. Angejazzte Marvin-Gaye-Grooves, südkalifornisch laid-back oder nordkalifornisch lässig: klingt durchaus nach hier und jetzt, ein Verdienst von ProduzentSaadiq.(EXft4NS/ON.) 3,0 Alabama 3 Outlaw Eine Verklärung. Von Gesetzlosen und Ganoven. The Great Train Robbery! Nein, nicht schon wieder Ronnie Biggs. Der, so erfahren wir hier, war ein Loser, heldenhaft dagegen Bruce Richard Reynolds. Ein neuer Robin Hood. Und so ist Britannien nun um ein Dutzend Songs über Gangster und Züge reicher. Songs ohne tragfähige Melodien leider, dafür unterlegt mit elektronischem Knistern und Knacken. Nicht ohne Humor natürlich. Besonders „Hello… l’m Johnny Cash“ läßt kurz schmunzeln, wenn aus der Retorte das Boom-Chicka-Boom der Tennessee Three dringt. (ONE LITTLEINDIAN) 2,5
Ray Wylie Hubbard
Delirium Tremolo Eine Wiederauferstehung. Nicht daß die letzten, Blues-motivierten Alben des alten Outlaws schlecht gewesen wären, doch was Hubbard hierunterder Ägide von Gurf Morlix und unter Mitwirkung von lan McLagan, Patty Griff in und Kimmie Rhodes angerichtet hat, erinnert fast an seine Texas-Country-Großtaten, zumindest atmosphärisch. (PHl-LO) 3,5
Sky Saxon & The Seeds
Red Planet Keine Wiederauferstehung. Nur eine weitere handzahme, in Posen und Routine erstarrte, live sicher lustige, aber aseptisch produzierte Folge der Fortsetzungs-Saga des Sky „Sunlight“ Saxon titeis „How I Keep Rehashing My Garage Punk GloryDays“. Pushin’toohard?(JUNGLE) 2,0
Dave Berry
Memphis… In The Meantime Eine Genugtuung. Dave Berry, in den Sixties Dauergast in den UK-Charts mit so fabelhaften Singles wie „Little Things“ oder „This Strange Effect“, beweist fast 20 Jahre nach seinem letzten Album, daß er den Rock’n’Roll noch in der Kehle und den Blues noch im Blut hat. Und daß er J.J. Cale oder Arthur Crudup zu covernweißohneein Jota Peinlichkeit. Nicht mit der Sheffield-Beat-Coolness von einst freilich, sondern gesetzter und R&B-geerdet. (BLUES MATTERS) 3,0