Sir Douglas Quintet – The Best Of The Tribe Recordings
Hip-o, das Label für den UMG-Konzern, was Rhino für die Warner-Brüder ist, hat kürzlich als sündteures Internet-Only-Angebot die kompletten Mercury-LPs des Sir Douglas Quintet remastered als Box-Set ins Netz gesetzt. Die zirkulieren ja derzeit leider überwiegend in von grauenerregend schlechten englischen Vinylpressungen überspielten CD-Versionen. Von den frühen Aufnahmen auf dem Doppel-Set von Westside lizenzierte man immerhin die Originalbänder. Das ganze Projekt war ursprünglich eine Kopfgeburt von Huey P. Meaux gewesen, einer grauen Eminenz der texanischen Musikszene, der über Studios und diverse Labels verfügte. Der überlegte sich, wie man aus dieser ganzen 1964 grassierenden Beatlemania Kapital schlagen könnte, ohne viel Einsatz zu riskieren. Dem schon nicht mehr ganz so jungen Doug Sahm (Jahrgang 1941), der mal als Teenager mit Hank Williams auf der Bühne gestanden hatte, schlug er vor, eine Pseudo-British-Invasion-Band zu gründen, auf die das tumbe amerikanische Publikum reinfallen würde. Unter dem urbritischen Namen Sir Douglas Quintet müsste man doch das Wohlgefallen vieler Discjockeys und Konzertgänger finden.
Ein Witz war die auf dem Pacemaker-Label von Meaux veröffentlichte erste Single „Sugar Bee“, kein Slim-Harpo-Evergreen, sondern der von einem gewissen Eddie Shuler geschriebene Tex/Mex Rock mit einem komplett bei „She’s A Woman“ von den Beatles geklauten Intro. Ein Flop. Aber die nächste Single war eine Eigenkomposition von Doug Sahm. Mit einem Verlegenheits-Intro. Eigentlich gar keinem. Bis dann Augie Meyer auf der Vox diesen Ohrwurm intoniert, Doug mit „Hey hey, what’d I say“ kommt, ein schlichter Popsong zum Hit wird und die kleine Band aus San Antonio berühmt macht. „She’s About A Mover“ haben sie Jahre später noch einmal-beinahe Proto-Heavy-Metal allererster Güte – Klassen besser aufgenommen. Aber für 1965 reichte das, um es bis nach England auf eine Konzert-Tournee zu schaffen.
Dort kam die Single im Juni 1965 bis auf Platz 15 und hielt sich zehn Wochen in der Hitparade. Immerhin nur zwei Plätze schlechter als daheim. Lange Haare hatten sie sich zwischenzeitlich wachsen lassen, und ein bescheidener Hit wurde in Amerika auch die nächste von Meaux komponierte Single, „The Rains Came“. Bodenständig seit langem an solide Country/Polka/Mexikofolklore/Cajun/Blues-Kost gewohnt, nahm man im übrigen alles Mögliche auf, und das heißt neben Doug Sahms eigenen Tex/ Mex-Songs Vorlagen von Jimmie Rodgers und Leadbelly, Blues von T-Bone Walker und Sonny Boy Williamson, den „Philadelphia Lawyer“ von Woody Guthrie und auch Country-Heuler wie „Image Of Me“ von Harlan Howard. Wie das „One Too Many Mornings/Sing A Happy Song“-Medley zeigte, fand das Quintett auch Bob Dylan nicht übel. Die Dallas Alice, über die Sahm im gleichnamigen Song
sang, war eine andere als die im Trucker-Klassiker von Lowell George. Zu den besten frühen gehörte der gleichwohl.
Die erste und einzige LP, die Meaux von diesen Sessions veröffentlichte, kam mit dem wahnwitzig anmaßenden Titel „The Best Of The Sir Douglas Quintet“. Diesen Anspruch erhebt die Doppel-CD nicht. Einmal zurück von der England-Tournee, erwischte man das Quintett am Flughafen von Corpus Christi mit einer winzigen Menge Marihuana. Die repressive Polizei hinterließ bei der Gelegenheit einen so bleibenden Eindruck bei den fünf, dass man sich – wie Janis Joplin – entschloss, von Texas nach San Francisco zu emigrieren. Dort begannen, einmal bei Mercury untergekommen und mit „Mendocino“ im Gepäck, die ganz großen Jahre des Sir Douglas Quintet.
Wie die Liner Notes stolz anmerken, landete Doug Sahm zuguterletzt überaschend auch noch bei den Sessions zu Bob Dylans Album „Time Out Of Mind“. Aber das ist natürlich wiederum eine ganz andere, sehr vergnügliche Geschichte.