Smog – Knock Knock :: DOMINO/RTD
Den Landarzt ließ Bill Callahan schon vor längerer Zeit einmal rufen. Nun scheint es ihm ernst zu sein mit der Stadtflucht: „Let’s move to the country“, flötet er im ersten Stück, „just you and me.“ Auf dem Land hatten schon verwandte Geister vorübergehend ihren Frieden gefunden – wir denken an Bob Dylan, Bob Mould, Thomas Bernhard. Und nun Callahan? Verspricht er sich von frischer Luft und Kuhglocken Balsam, Heilung, neue persönlich-metaphysische Perspektiven?
Schon zwei Songs später fällt der geigenumschwirrte Enthusiasmus in sich zusammen. „We are constantly on trial“, heißt es plötzlich in vertrautem existentialLstischem Pathos. Gitarre und Klavier schleppen sich mühsam durch, Callahan verweigert alles, was wie Spannungsaufbau oder Dramaturgie wirken könnte, der Himmel zieht sich zu. Das Leben als Dauerprozeß zu betrachten, ist sicherlich kein kraftspendender Gedanke (ein neuer übrigens auch nicht). Doch Callahan verleiht ihm musikalische Evidenz. Der beigemischte „Chicago Children’s Choir“ fügt den Aufnahmen nichts PinkFloydhaft Bombastisches hinzu, sondern klingt geisterhaft, körperlos. Als würde jemand Stimmen hören.
Kurz vor Schluß des Albums folgt die explizite Abkehr vom Landleben: „I had to leave the Country“, heißt es nun, „though there was some nice folks there.“ So schnell kann’s gehen. „I Could Drive Forever“ feiert prompt das Unterwegssein, diesmal durchaus abgeklärt. Als Schlußlied dann noch einmal eine Kehrtwende: ein Hohelied auf die Liebe und das Vatersein.
Letzthin erzählt „Knock Knock“ wohl von den Launen eines Tages: Wir erleben Callahan ungewohnt optimistisch, gewohnt verloren, milde resigniert. Man will immer das, was man nicht hat. Die Widersprüche bleiben stehen, das macht Callahans Größe aus. Fünf der Songs soll er innerhalb weniger Stunden geschrieben haben. Muß ein komischer Tag gewesen sein.