Smog – The Doctor Came At Dawn :: Domino / RTD

Der Anfang: ein Trauerspiel mit verstreutem Piano-KIimpern und flirrenden Streichern, eine enigmatische Schauergeschichte, die frösteln macht. „You Moved In“: „And I hope you don’t mind/ If I grab your private life/ Slap it on the table/ And split it/ With a knife.“ Beklemmend.

Der seltsame Bill Callahan, Mr. Smog, mußte sich daran gewöhnen, daß sein Schaffen als Fortschreibung von Nick Drakes Werk begriffen wird. Aber seine Beobachtungskunst ist nur noch an den präzisesten und brutalsten Songs von Leonard Cohen und Randy Newman zu messen, an „Paper Thin Walls“ oder „Love Song“. Es gibt eine gespenstische Stille in Callahans Musik, einen lastenden Frieden, als wäre eben ein Mord geschehen oder ein schrecklicher Unfall: Die Oberfläche ist trügerisch ruhig, darunter öffnen sich Abgründe des Herzens.

Noch meditativer, noch ereignisloser als auf „Wild Love“ sind die musikalischen Altäre, die Callahan errichtet, und der böse Humor von „Hit“ oder „Prince Alone In The Studio“ ist klassischen Short stories gewichen, für die es keine Auflösung gibt. Schon die letzte EP „Kicking A Couple Around“ drehte die Leidensschraube noch fester: In der ersten Person setzte Callahan sich unerbittlich dem Terror von Verlust und Eifersucht aus. Die Worte fallen schwer und endgültig in „All Your Women Things“: „All your hardness/ All your softness/ And your mercy/ Well it’s been seven years/ And the thought of your name/ Still makes me weak/ Weak in the knees.“ Ein monotones Moratorium der Obsession, wie im Sterben gesungen.

Nur die Songs von Will Oldham sind gegenwärtig ähnlich unheimlich und erschütternd – und die beiden Solipsisten haben in England sogar eine gemeinsame Tournee unternommen (Autisten, vereinigt Euch!), bei der sie das Fürchten lehrten. Alles ist nackt, skelettiert, offen. „The Doctor Came At Down“ ist der vorläufige Gipfelpunkt in der Eschatologie des Bill Callahan. Das Album endet mit dem „Hangman Blues“: „I think we’ve got/ One more mile.“ Das Stück ist so zerdehnt, daß die Musik immer wieder aussetzt.

Der arme Doktor.

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