SNEAKER PIMPS – BECOMING X :: Virgin

TripHop im Spätsommer 1997: Tricky ist damit beschäftigt, seinem Traum, Filmstar zu werden, nachzugehen und debütiert mit einer undankbaren Rolle in Luc Bessons „Fifth Element“. Massive Attack waren zwar vor kurzem auf Tournee, halten sich aber äußerst bedeckt, wenn es darum geht, ihnen ein Statement über ein etwaiges neues Album zu entlocken. Lediglich Portishead geben per limitierter Single ein Lebenszeichen von sich, ansonsten ruht sich die Pionier-Liga auf ihren Lorbeeren aus.

Das könnte die Chance für die Sneaker Pimps sein, deren Album zwar schon seit Herbst vergangenen Jahres in Lauerposition steht, dafür aber wie eine kleine Offenbarung im eher ereignislosen Geplänkel der diversen TripHopper darstellt. Ihre Lieblingsplatten kennen die drei Briten auswendig. „Becoming X“ klingt zuweilen wie ein Sampler aus „Maxinquaye“, „Blue Lines“ und „Dummy“, bekommt aber nicht zuletzt durch den stimmlichen Effekt der Sängerin Kelli Dayton eine eigene Note. Stilistisch zwischen PJ Harvey und Beth Orton angesiedelt, bringt sie genügend Überzeugung in die Songs, daß man dem Trio seinen Popband-Appeal abkauft.

Wo sich oben genannte Erfinder in atmosphärischen Tiefen verlieren und das Element der Ästhetik arg überstrapazieren, versuchen sich die Sneaker Pimps mit einer eher erdigen Note. Schon im Opener „No Place Like Home“ verstört harter Gitarrensound das gewohnt technische Ambiente aus blubbernden Beats und Toiletten-Sounds. Im zweiten Song, „Tesko Suicide“, klingen die Pimps gar wie gezähmte Sonic Youth, von denen sie anscheinend auch ihre untypische Geisteshaltung geerbt haben. Wie im TripHop üblich, ist auch bei den Sneaker Pimps die Welt ein Pfuhl aus Mißtrauen und Verdammnis. Doch statt sich wie Tricky in selbstzerfleischenden Qualen zu aalen, werfen die Neulinge nur kurz einen zynischen Seitenblick aufs Geschehen und schmunzeln verächtlich über die Enttäuschungen des Lebens.

So bilden die Sneaker Pimps ein Bindeglied zwischen Londoner Trip-Hop-Hipness und alternativer Gitarren-Schule amerikanischer Machart. Einer der seltenen Fälle, in denen die Quadratur des Kreises gelang.

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