Spun von Jonas Akerlund :: Start 7.8.
Am Ende war er drei Tage und Nächte wach. Vielleicht waren es sogar vier, genau weiß er es nicht mehr. „Dinge geschehen und man merkt es nicht mal“, sagt Ross (Jason Schwartzman) irgendwann. Da hat er Sachen erlebt, die wie ein Fiebertraum erscheinen. Er kaut ständig an seinen Fingernägeln, hat in seinem schrottreifen Volvo mehrmals die Stadt durchquert, zwei Dutzend Mal auf den Anrufbeantworter seiner Ex-Freundin gequatscht und in seinem winzigen Apartment eine Stripperin geknebelt und ans Bett gefesselt – weil er dachte, er wäre bald wieder zurück.
Ross ist Junkie. Er nimmt so genannte Methamphetamine, ein synthetisches Pulver, das er schnupft wie Koks. Sein Dealer Spider Mike (John Leguizamo) spritzt es sich und ist von der Droge paranoid geworden.
Er vermutet ständig Polizei vor der Tür, geht nicht mehr ans Telefon und hat zum dritten Mal vergessen, wo er in seinem vermüllten Haus seinen Stoff versteckt hat. Seine Lebensgefährtin Cookie (MenaSuvari) hat Darmprobleme und tiefe rote Augenränder, trägt einen Kinderpyiama und eine Schlafbinde über ihren fettigen Haaren. Ihre beste Freundin Nikki (Brittany Murphy) bringt Ross zu einem schäbigen Motel, wo The Cook (Mickey Rourke) aus Medikamenten, Batteriesäure und diversen Chemikalien ein Zeug zusammenbraut, das er „Hawaii“ nennt und das einen hellwach durch die Hölle katapultiert Der tätowierte Typ heuert „Volvo-Boy“ Ross als Fahrer an. Jetzt hat er immer genug Meth und keine Ruhe mehr.
„Spun“ ist das Kinodebüt des schwedischen Clip-Regisseurs Jonas Akerlund. Er hat Videos gedreht für Madonna, Prodigy, U2, Smashing Pumpkins, Ozzy Osbourne und jetzt den unfassbarsten Trip durch die Popund Filmkultur. Er zitiert „Easy Rider“ und „Love Story“, „Pulp Fiction“ und „Fight Club“, den Folk Rock der 70er, den Metal der 80er und den Grunge der 90erJahre. Dennoch ist „Spun“ kein Referenzbogen, vielmehr eine Stimmung, auch Schwingung etlicher Stilelemente. Die Erlebniswelt von Drogen wird hier gespiegelt mit dem ebenfalls süchtig machenden Trash der medialen Kakophonie.
Der pickelige Frisbee (Patrick Fugit, „Almost Famous“) hockt ständig an seinem Computerspiel mit Affen und haust in einem Trailer bei seiner fettleibigen Mom, die zur Jerry Springer Show“ passen könnte und eine Cop-Reality-Serie namens „Bust“ schaut. Überall flimmern Bilder vom Wrestling. Ähnlich auch funktioniert „Spun“. Leguizamo onaniert beim Telefonsex mit Debbie Harry in eine Socke, Rob Haiford von Judas Priest jobbt in einem Pornoshop, Rourke (mit Cowboyhut, weißen Stiefeln und aufgequollenem Gesicht) schwadroniert über „big tits, small asses“, Murphy macht Lap-Dance und Billy Corgan, der auch die Musik schrieb, tritt mit blonder Perücke als Tierarzt auf.
„Spun“ ist grell, krank, ekelhaft, desperat, grotesk, tragikomisch, zärtlich, bitter und ein visueller Geniestreich.