Stevie Wonder – A Time To Love
Ein typisches Wonder-Werk: Groove, Schmelz und die ewige Botschaft
Abteilung alte Meister. Gut, daß wir vergleichen können. Stevie Wonder ist auch 2005, nach zig Jahren Pause, auf „A Time To Love“ nie nur Gast im eigenen Haus, wie soeben Carlos Santana, der Kohorten von Kollegen zur großen Nummern-Revue der Beliebigkeit versammelt. Wahllosigkeit ist Wonder fremd. Er sucht sich, manchmal, Gäste für seine Musik, nicht umgekehrt. Ein bißchen P-Funk-Gitarre? Okay, „Prince, pump it!“ Und En Vogue singen dazu im lockeren Rundum-Schwinger „So What The Fuss“. Es tun aber auch weniger Prominente. Was wäre der dialektische Kracher „If Your Love Cannot Be Moved“ ohne die Gospel-Stimme von Kim Burrell? Immer noch eins der besten Stücke auf diesem Album, aber auch den gewissen Tick ärmer.
Auch muß Stevie Wonder nicht den Schulterschluß mit irgendwas suchen. Etwaige Hip-Produzenten dürfen zu Hause bleiben, und als einziger Hip-Hopper kreuzt ausgerechnet der schon fast vergessene Doug E. Fresh auf, der kurz noch mal die menschliche Beat Box geben darf. Und liegt nicht eine wunderbare Ironie darin, daß hier für einen Busta Rhymes nur der Job des Off-Sprechers bleibt, der das Video zu „So What The Fuss“ auch für Blinde einsichtig machen soll?
Stevie Wonder hat also after all these years noch mal ein typisches Stevie-Wonder-Album gemacht, das nur unfaire Totschläger an vergangenen und ja oft auch verklärten Großtaten von vor 30 Jahren messen wollen. Es ist alles da: Soul und Groove, das kleine Mundharmonika-Zwischenspiel („Can’t Imagine Love Without You“), der Schmelz („Moon Blue“), die große, ewige Botschaft: Liebe, Gerechtigkeit, Aufklärung, Wahrheit, „Positivity“ und noch mehr Liebe.
Was womöglich naiver klingt, als es ist. Ein typisches Stevie Wonder-Album des Jahrgangs 2005 beinhaltet aber auch, daß es neben wenigen wirklich guten und einigen ordentlichen auch ein paar Stücke gibt, denen nicht mal karitative Zwecke über die Kitsch-Hürde helfen – wie die Katrina-Schmonzette „Shelter In The Rain“. Und es ist nicht hilfreich für den Spannungsbogen, daß sich diese Stücke mehrheitlich in der zweiten Hälfte von „A Time To Love“ breitmachen. Ganz breit dann zum Schluß der Titelsong. Song? Jüngerin IndiaArie darf zur Audienz beim alten Meister, der eine auch musikalisch weltumspannende Umkehr-Predigt hält: Stevie goes Usbekistan und Mittlerer Osten. (Fast) ganz allein zu Haus ist er nach wie vor am Besten.