Strangelove

Das neueste Zeugnis britischer Empfindsamkeit Und ein weiterer Versuch, Stil und Seele an einen Tisch zu bringen. Ohne daß es jemand aussprechen würde, ist diese Platte dem Innerlichkeits-Pop der 80er Jahre gewidmet: Morrisseys und Robert Smiths Epigonen schreiben auf, was ihnen bei einem Waldspaziergang so alles Düsteres einfällt

Sänger Patrick Duff ist so ein dürrer Vor-sich-hin-Läufer, einer, dem die schweren Gedanken den Kopf Richtung Boden drücken.

In „The Runaway Brothers“ erzählt er die Geschichte von sich und seinemJugendfreund – eine Geschichte voller Tom-Sawyer-und-Huckelberry-Finn-Romantik. Damals hielt man zusammen wie Pech und Schwefel, heute ist der Freund verheiratet, und man hat sich nichts mehr zu sagen. Das wurde natürlich alles schon öfter erzählt, und es ist auch eigentlich ein bißchen kitschig – aber „The Runaway Brothers“ ist in seiner Aufrichtigkeit trotzdem ein ergreifender Song, der schönste sogar auf diesem Album.

Auch sonst wird wieder um Identität gerungen, sogar die Frage nach Gott wird gestellt Patrick Duff läßt sich dabei von der Musik nichts vorschreiben, er benutzt sie allein als Briefpapier. Und auf dem Cover eine Parkbank, was ebenfalls unmißverständlich ist. Auf der Stilebene beschränkt sich die Band darauf, geschmackvoll zu sein. Die üblichen verwuschelten Pilzkopf-Frisuren, die bekannten Flohmarkt-Lederjacken.

Die Musik ist gehobener Britpop – und man fragt sich schon, was Ed O „Brien eigentlich gemeint hat, ab er sagte, Radiohead seien von Strangelove beeinflußt. Um stilbildend zu sein, müßte sich diese Band schon etwas radikaler entwickeln. Überhaupt, seit wann werden Hauptbands von Vorgruppen beeinflußt? In welcher Welt leben wir eigentlich? Patrick Duff guckt in die Kamera wie ein waidwundes Reh. Vielleicht hat er Angst, daß wir über seine Geständnisse und Betrachtungen lachen. Es gibt ja Leute, die lachen, wenn sie fremde Tagebücher lesen. So etwas würden wir natürlich niemals tun. 3,5

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