That Dog – Retreat From The Sun

Ja, so könnten sie klingen, The Mamas 8C The Papas, wenn sie ihren Traum von Kalifornien endlich an den Nagel gehängt hätten und Cass EUiot der tödliche Sandwich erspart geblieben wäre. Oder die Bangles, wenn sie sich (musikalisch) ein bißchen mehr getraut und nicht nur auf Hoffs Kulleraugen-Sex vertraut hätten. Mit ihrem dritten Werk retten Songwriterin Anna Waronker und ihre Gefährtinnen Rachel äi Petra Haden sowie Tony Maxwell die angeschlagene Chimäre „California Pop“ in die späten 90er Jahre: Jletreat Front The Sun“ ist ein wahrhaft reifes Album geworden.

Reif nicht im Sinne von „gut abgehangen“ und „über den Dingen stehend“, sondern eher als: bereit, den Weg zu gehen, der sich da aufgetan hat, ohne Rücksicht auf Vergangenheit und Zukunft. Die Musik: größer! stärker! schöner! Aber auch verletzlicher. Fühlten sich That Dog auf „That Dog“ (1993) und „Totally Crushed Out“ (1995) noch einer eher „nackten“, quasi bloß semi-dokumentarischen Produktion verpflichtet, so ließen sie sich diesmal unerschrocken von Brad Wood (Liz Phair etc.) ans Händchen nehmen. Und der flüsterte, ebenso behutsam wie entschlossen: Gebt den Songs, was immer sie brauchen! Und die brauchen halt auch mal was anderes als hübsche Krach-Gitarren, schwindelnde Harmonie-Gesänge und die obligatorische Violinen-Attacke, wenn Anna plötzlich anfangt, auch auf dem Klavier zu komponieren. Cello! Kastagnetten! Synthesizer! Percussion-Kram! Her damit!

Es spricht für das Potential dieser Band (und auch für Wood), daß That Dog bei diesem Manöver ihren Stil nicht nur behauptet, sondern noch klarer herausarbeiten können. So klingt „Retreat Front The Sun“ ungeheuer dicht und konzentriert – und öffnet doch zugleich auch neue Räume. All dies korrespondiert mit einer Veränderung in Waronkers Songwriting, die eigentlich ein Solo-Projekt ins Auge gefaßt hatte. Glichen ihre Songs zuvor oft eher Versuchsanordnungen von Gefühlen, so scheuen sie sich jetzt nicht mehr, das zu zeigen, was der Amerikaner so schön realguts nennen kann. Der Alltag hat die Dating-Rituale abgelöst, und das ist schön (und schmerzlich) wie „Being WithYou“.

Natürlich gibt es weiterhin Klopfer wie „Long Island“ oder die Hausfrauen-Sex-Phantasie „Gagged And Tied“. Aber es gibt eben auch den morbid-gerissenen Surf-Pop (der Titelsong), sinister-strahlende Piano-Balladen („Every Time I Try“ und „Cowboy Hat“) und sogar eine wunderbare ,J*et .SoMJM!s“-Hominage („Untfl The Day I Die“). Wie

That Dog schließlich „Minneapolis“ singen, muß man einfach gehört haben. (Und dann sterben?)

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