The Beatles

The Capitol Albums Vol. 2

Apple (Beatles) (EMI)

Die abenteuerlichen US-Editionen der Beatles-Platten bis 1966

Brutaler konnte man eine Erfolgsgeschichte gar nicht vermarkten, als das Capitol im Fall der Beatles vorexerzierte. Als im Juli 1966, zwei Monate vor „Revolver“, als cash cow zwischendurch „Yesterday…And Today“erschien, hatte man dafür zwei Single-Titel vom Dezember zuvor („We Can Work It Out“ und „Day Tripper“), von der englischen Version von „Rubher Soul“ vier auf der US-LP fehlende Titel und von „Help!“zwei unveröffentlichte Songs ausgewählt, das alles dann mit drei brandneuen Lennon-Songs auf LP-Länge getrimmt, die auf „Revolver“ wiederum dann natürlich fehlten. Der ganze unsägliche Verhau hatte erst mit der Veröffentlichung von „Sgt. Pepper“ein Ende. In all den Jahren vorher verfolgte man eine entschieden lukrativere Marketing-Strategie als die lizenzgebende Tante EMI in London. Nachdem Vee-Jay von „Introducing the Beatles“zu Beginn der über Amerika hereinbrechenden Beatlemania schlappe neun Millionen LPs verkaufte hatte, beschloss man bei Capitol, die aus England angelieferten Bänder komplett neu für Langspielplatte „portioniert“ zubringen. Die ersten vier 1964 (und nebenbei noch so was wie „The Beatles Story“, nicht eine einzige Note der Band), die nächsten vier 1965. Nicht eine davon identisch mit den englischen LPs zum selben Zeitpunkt.

„A Hard Day’s Night.“ kam mit vier Instrumentals von George Martin, „Help!“ nur mit 7 statt -wie bei uns – 14 neuen Aufnahmen, dafür wiederum fünf Soundtrack-Instrumentals. Sobald Vee-Jay einmal aus dem Spiel war, brachte man auf „The Early Beatles“ im März 1965 nachgereicht die meisten Aufnahmen der Debüt-LP „Phase Please Me“ (zu dem Zeitpunkt war das Band von „Love Me Do“ mit Ringo Starr am Schlagzeug wohl schon für immer verschollen), um sich dann drei Monate später für „Beatles VI“generös der Aufnahmen von „Beatles For Sale“ zu bedienen und die mit diversen in England auf Single und EP erschienenen Songs anzureichern. Ein Witz war die US-Version von „Help!“. Infam die von „Rubber Soul“. Da unterschlug man glatt vier Songs der Original-LP, setzte dafür als erste Songs von A- und B-Seite zwei von „Help!“ ein, nämlich die in USA da noch nicht veröffentlichten „I’ve Just Seen A Face“ und „It’s Only Love“.

Widerspruch erhob niemand gegen diese Praxis, auch die Band nicht, die in dieser Hinsicht weit weniger Mitspracherechte hatte als Byrds, Dylan und amerikanische Kollegen damals. Capitol schwamm im Geld, von dem die Beatles von Allen Klein nur sprichwörtliche Peanuts sahen. Der Nepp hatte auch noch Methode: Die meisten US-LPs enthielten ganze elf Aufnahmen mit der Spieldauer von um die 24 bis zu den großzügigen knapp 30 Minuten von „Rubber Soul“. Nicht lumpen ließ man sich bei Capitol aber dann doch in anderer Hinsicht. Weil man den Geschmack des amerikanischen Publikums zu kennen meinte, veredelte man die angeblich zu „trockenen“ englischen Originalaufnahmen bisweilen mit nachträglich beigemischtem Echo und Hall. Diverse von den in wunderbar klassischem Ping Pong-Stereo abgemischten „Beatles For Sale“-Songs wertete man klanglich dergestalt auf. Und weil man der Überzeugung war, dass Stereo drin sein müsse, wo Stereo draufstehe, prozessierte man von den partout nur in Mono-Mixes existierenden Singles „duophonische“ Fassungen. Also von „Love Me Do“ und „P. S. I Love You“. Aber auch von „Yes It Is“, das all die Jahre immer auch in einem Stereo-Mix im Abbey-Road-Archiv existierte.

Folge 2 wendet sich aber nicht nur an die Nostalgie-Fraktion, für die diese Versionen der Beatles-Platten ein Stück musikalischer Sozialisation bedeuteten. Zumindest vorübergehend ist das auch eine Fundgrube für alle.

die sich darüber ärgerten, dass die ersten vier LPs nur als Mono-Remakes auf CD erschienen sind und dass sich George Martin bei „Help!“und „Rubber Soul“ auch noch die Freiheit herausnahm, diese Bänder mit etwas eigenwilligen späten klangkosmetischen Retuschen für CD zu überarbeiten.

Ted Jensen durfte bei seinem Remastering wieder auf Anfang gehen. Die Stereo-Fassungen von „The Early Beatles“ sind dieselben wie der Zweispur-Mix von

„Please Please Me“ nur dass er die extreme Kanaltrennung (Stimmen rechts, Instrumente links) sehr schön abmilderte und das „Loch-in-der-Mitte“ fast vergessen macht. Auf „Beatles VI“ hört man, wieso das ein Verbrechen war, „Beatles For Sale“ nicht im Stereo-Mix auf CD zu bringen. Sowohl „Help!“ als auch „Rubber Soul“ bieten George Martins originale und nicht die späteren verschlimmbesserten Mixes der Songs. Und eine Rarität dazu, nämlich das nur auf der amerikanischen Stereo-Pressung von „Rubber Soul“ zu hörende „I’m Looking Through You“ mit den Zwei „false Starts“ des Gitarristen.

Weil die Electrola Beatles-LPs hierzulande von Anfang an ausschließlich in Stereo brachte und diese Praxis auch bei Kompilationen wie „The Beatles Beat“ oder „The Beatles Greatest“ konsequent durchhielt, dürften die zusätzlichen Mono-Mixes dieser vier CDs für die meisten Beatles-Fans hierzulande ein Urerlebnis sein. Vielleicht gemein, aber konsequent war Ted Jensen im Fall „Rubber Soul“: Alle Extreme dieser exemplarischen Ping-Pong-Stereo-Mischung betont sein (durchweg fabelhaftes) Remastering noch. Die zweite ist aber hoffentlich auch die letzte Folge. Ab sofort gehört bei Apple Remix/Remaster aller noch nicht so restaurierten

Beatles-Aufnahmen auf die Tagesordnung gesetzt. Der wahren Original-LPs natürlich. (EMO