The Cranberries-No need to argue
The Cranberries, BMG Ariola 74321 233 442
Welten wie diese schienen eigentlich versunken, tief in den romantischen Zonen der 80er Jahre. An das Grab des Dichters Yeats zu pilgern, kam zuletzt dem sensiblen Morrissey in den Sinn. Einen Song „Ode To My Family“ zu nennen, kann unmöglich als zeitgemäß gelten. Und was ist das für ein Sound? Ein Schlagzeug wie ein Wattebausch, luftige, um Unauffälligkeit bemühte Gitarren und das Elfenstimmchen von Dolores O’Riordan, die sich auf Wolken zu bewegen scheint. Verglichen mit den Cranberries, waren die Smiths Hardrock und die Sundays Punk. Die zarteste Vertonung der Seele, seit es sie gibt.
Die neue Empfindsamkeit kommt aus Irland, und ihre größten Erfolge erfuhr sie bisher ausgerechnet in Amerika. Bands wie Suede und Belly, ebenfalls Boten der Zerbrechlichkeit, nahmen die vier Cranberries mit auf Tour. Beim Woodstock-Revival überraschte die Band mit ungeahnter Heftigkeit. Auf ihrer zweiten
Platte nun kommt sie dem Ideal des großen, flächendeckenden Liedes nah: wie aus einem Guß, wie in einem Fluß.
Vom ersten Ton an sind wir in den irischen Ebenen und im sanften Singsang der Stimme abgeschlagen. Schade nur, daß Dolores ein wenig zu viel singt. Sie überschlägt und variiert zu heftig, und manchmal doppelt sie sogar die Stimme. Dann wird’s süßlich.
Inmitten der Pop-Stürme der Neunziger hat sich Dolores O’Riordan ein Luftschloß gebaut hier können Lieder noch „Dreaming My Dreams“ heißen. Aufregend, innovativ oder erfrischend ist das nicht. Aber ein Hort für wunde Seelen und ewige Fans von Everything But The Girl.