The Take Off And Landing Of Everything :: Die Briten umarmen mit ihrem Prog-Indie-Rock wieder die Welt
Ein paar brillante Elbow-Momente: Wie sich bei „Any Day Now“ vom Debüt aus zwei Orgelakkorden eine hypnotische Prog-Etüde entfaltet. Wie am Ende von „Ribcage“ vom Folgealbum ein Gospelchor die Genres kollidieren lässt – da war die Band aus Manchester schon bei der Verfeinerung ihres Prog-British-Indie-Rock-Gemisches. „One Day Like This“, eine typische Versuchsanordnung aus simplen Melodien und kunstvoll reduziertem Playback. Guy Garvey kann dort seine gutmütige Sängerpersönlichkeit ausspielen. Das Lied umarmte die Welt – und machte Elbow zur Stadion-Band. Ein Album später hatte er seine Rolle erkannt: „We’ve got open arms/For broken hearts“.
Das neue Werk, „The Take Off And Landing Of Everything“, beginnt wieder mit einer überlangen Eloge an die Stille. Das folgende „Charge“ verbindet meisterlich ein dunkles Neo-Soul-Gefühl mit einer grandiosen Prog-Melodie und opulenten Streichern. „Fly Boy Blue + Lunette“ schwingt erst auf akustischen Gitarren, bis in der Mitte ein dunkel trottendes Ungetüm die Szene betritt – Elbow verbinden „She’s So Heavy“ von den Beatles mit, sagen wir, „Crime Of The Century“ von Supertramp. Wie sich bei „New York Morning“ die Versatzstücke – ein Beat, ein etwas abstraktes Pianothema und Garveys poetische Betrachtungen der kleinen Dinge – zusammensetzen und irgendwann ein großes Ganzes ergeben, das ist eine der Kunstfertigkeiten von Elbow.
Viele Lieder auf „The Take Off …“ sind gut und feierlich und wiederum weltumarmend, aber auch mutig und neugierig – fast experimentell. Zum Beispiel das Titellied, das in einem riesigen Hallraum steht, vielleicht einer Abflughalle oder einem Hangar – man kann kaum etwas verstehen, aber der Klangschwall entwickelt einen ungeheuren Sog. Alle Mann an Bord. (Universal) JÖRN SCHLÜTER
Die Nerven