The Wreckers Stand Still – Look Pretty
Sie erinnern sich noch an Michelle Branch? Na, falls nicht an sie direkt und ihre Alben „The Spirit Room“ und „Hotel Paper“, dann doch bestimmt an ihre Rolle als adrettes Vocal-Anhängsel einer weiteren Carlos-Santana-Hit-Gniedelei („The Game Of Love“). Oder war’s umgekehrt? Hier kommt jedenfalls ihr großer Karriere-„Relaunch“. Arbeitsziel: „The organic Singer/ songwriter country type of record“, die sie ja (ja) schon immer machen wollte. Wofür sie als zweite Wreckers-Kraft die sehr blonde Jessica Harp und als (Haupt-)Produzenten immerhin den sehr erfahrenen John Leventhal (Rosanne Cash, Shawn Colvin) anheuerte. Ergebnis: Lipgloss-Country-Pop to go mit subversiven Botschaften.
Ja, richtig gelesen. Subversiv. Zumindest ambivalent. Mit Geschlechter-Rolle rückwärts. Klingt nicht Harps „Cigarettes“ wie die prototypisch maskuline Ode aufs ewige Treiben auf der „old dirt road“ (bis der/die Richtige kommt)? Und, hey, sie sagt sogar „bullshit“! Sie denken, zwei attraktiven jungen Frauen wie diesen liegt das Leben aber so was von leicht zu Füßen? Pah. Das ist anstrengend! Immer nur stillstehen und aufreizend hübsch in die Gegend gucken (so wie fürs Cover-Foto).
Tapfer schreiben Branch und Harp meist selbst gegen die Klischees an, die hier hinter jeder Ecke lauern. Die semiphilosophische Emanzipation für die nächste Enttäuschung in der Männerwelt borgt sich das Duo dann aber doch lieber bei Patty Griffin, die „One More Girl“ mit diesem wackeren Reim ausklingen lässt. „So take your hand off my knee, do you know what it means to be?“ Ausgerechnet im fidelen Nashville-Stomper „My, Oh My“ kommt das Duo rüber wie Oma, die nur noch Geschichten aus dem Krieg erzählt, als noch „songs were long and gas was cheap“. Bitte? Am Ende des letzten Songs „Crazy People“ fallen die Wreckers endlich kichernd in sich zusammen, so als könnten sie dieses Stück „Country“-Konfektion selbst nicht so ganz ernst nehmen. Das sollten wir dann vielleicht auch nicht tun. Und eher den Klingelton aufs Handy laden.
