Tony Joe White

„The Beginning“

V2 (VÖ: 22.7.)

Wehmütiges Alterswerk des großen Songschreibers

Es begann vielversprechend. Gleich das erste Album von 1969 warf für Tony Joe White mit „Polk Salad Annie“ seinen größten Hit ab. Im Jahr darauf coverten sowohl Elvis als auch Tom Jones die Nummer, und White gelang in der „Johnny Cash Show“ eine entspannte und humorvolle Interpretation im Duett mit dem Gastgeber. Seine Plattenfirma hielt es allerdings für eine gute Idee, ihn als singendes Landei aus Louisiana zu vermarkten, und verwässerte seine klug beobachteten Milieustudien aus dem tiefen Süden durch nichtssagende Arrangements. „Rainy Night In Georgia“ fiel so auf seiner zweiten LP nicht weiter auf, während Brook Benton damit spektakulär ein Comeback startete.

Klischeefrei fließen die wehmütigen Songs dahin, während der Fuß den Takt stampft

Es gelang auch weiterhin nur selten, den schwülen, schwermütigen Swamp- Rock-Sound seiner Konzerte auf Tonträger zu bannen. White fühlte sich missverstanden und verabschiedete sich Mitte der Achtziger für mehrere Jahre vom Tagesgeschäft, um nur noch Songs für Kollegen (u. a. Tina Turner) zu schreiben. Mit der Gründung seines eigenen Labels, Swamp Records, meldete er sich 1990 ins Rampenlicht zurück. Elf Jahre und vier Alben später  folgte mit „The Beginning“ die Erfüllung eines lang gehegten Traums. Akustikgitarre, Mundharmonika und drei Mikrofone, platziert im Heimstudio in Tennessee, genügten dafür. Whites Sohn assistierte, während die Gattin einige Songideen beisteuerte.

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Klischeefrei fließen die wehmütigen Songs dahin, während der Fuß den Takt stampft – Veranda-Blues nach alter Väter Sitte. Der puristische Ansatz ließ lediglich Raum für ein bisschen Hall und ab und an eine zweite Gitarre. „This is all the freedom I could ever hope for.“ Und das hört man! Rätselhaft bleibt, warum jetzt die Tracklist der Original-CD durcheinandergewirbelt wurde und das nachdenkliche „Clovis Green“ komplett außen vor blieb. Auch die Vinylausgabe muss mit dieser Einschränkung leben. Die Frage, ob eine so intime und spartanische Produktion wirklich ein Remastering braucht, stellt sich natürlich nicht nur hier.

Autor: Ronald Born