Tykho Moon von Enki Bilal

Enki Bilal zeichnet Comics. In dem 1983 erschienen Heft „Treibjagd“ treffen sich stalinistische Bonzen auf einem Landsitz in Polen, um mit Präzisionsgewehren die Machtverhältnisse zu ordnen. Skizzen des lötalitarismus entwirft Bilal auch in „Tykho Moon“, seinem zweiten Film, einer Analogie zum Zusammenbruch des Ostblocks – wozu deutsche Filmemacher schweigen. Durch Paris zieht sich eine Mauer, die graue Stadt und ihre Wahrzeichen zerrieseln wie Wüstenstaub. Ein sterbenskranker Diktator (Michel Piccoli) läßt nach Organspendern fahnden, um mit einem ewigen Leben auch die Macht zu sichern. Ein Maler (Johan Leysen) mit Amnesie, der jener phantomhafte Revolutionär Tykho Moon sein könnte, trifft eine mysteriöse Prostituierte (Julie Delpy) und einen US-Journalisten (Richard Bohringer), der sich als UN-Killer erweist Der Leser sei ihm egaL sagte Bilal einmal, und so wirkt auch sein von Wenders und Fassbinder inspirierter Film. Als blättere man im Storyboard oder einem Comic, agieren und rezitieren die Darsteller lethargisch und dialektisch wie mit einer Sprechblase um den Hals. Piccolis paranoides Potentatengehabe ist entzückend, Delpys blasse Gesicht ist berückend; sie sind aber, wie alle Figuren in diesem konstruiertem Überbau, mit Allegorien überfrachtet – so wie der Maler als willenloser Intellektueller. Bilals Ästhetik der Agonie und des Ariertums hätte nur im Comic Kraft Ein schlauer Film-und ein schlechter.

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