VIC CHESNUTT – The Salesman And Bernadette :: FICTION/RTD
Schön, wenn es jemandem besser geht. Und auch schön, wenn man das hören kann. Vic Chesnutt hat sich ein Haus gekauft, einen Altbau mit hohen Decken und eigenem Aufhahmestudio, mehr ein Heim als ein Symbol des Wohlstands. Er ist glücklich mit seiner Frau (und Bassistin) Tina, hat Freunde, Erfolg, und der Rollstuhl, in dem er seit seinem Autounfall sitzt, ist eben ein Rollstuhl, vielleicht hat er sich sogar daran gewöhnt Auf seinem sechsten Album jedenfalls klingt der Amerikaner wie ein Lamm auf Gottes Acker: Sanft singt er seine Lieder, leise, als erfände er den Wüsten-Bossa-Nova. Dazu züpfelt er an der Gitarre, die zirpt wie ein Insekt in einer sternklaren Nacht Unüberhörbar die Botschaft des Albums: Guten Tag, mir geht es besser. Schön!
Natürlich ist auch die Situation, in der das Album aufgenommen wurde, für die Stimmung verantwortlich: Früher griff sich der Sänger schon mal eine Kiste Alkohol, fuhr ein paar Tage in die Wüste und spielte dort seine Lieder, allein mit einem ahnungslosen Produzenten, einer wehrlosen Gitarre und seiner hilflosen Wut. Die neue Platte dagegen entstand mit Kurt Wagners Lambchop, guten Freunden also, die für dichten Sound sorgten, einer Nähe im Klang, die der Nähe von Menschen entspringt. Lambchop bezaubern mit einem bunten, milden Instrumentarium, einer sehnsüchtigen Stahlgitarre, dezentem Piano und Akkordeon, besonders aber mit warmen Bläsersätzen: Wenn in „Replenished“ und „Until The Led“ weiche Fanfaren die Melodien umrunden, erinnert das an Orange Juice, was ihn zur unwahrscheinlichsten Figur des Früh-80er-Revivals macht. So stört es nicht, wenn in seinen Texten ab und zu alte Dämonen auftauchen: Woanders bannt man sie mit Feuerwerk, hier geschieht es mit Sound. Und Freunden.