Vince Taylor – Jet Black Leather Machine: The Vince Taylor Story

Er war das role model für David Bowies Ziggy-Stardust’Fantasien, ein hemmungsloser Epigone, ganz groß in Sachen Image und zumindest talentiert als Sänger, ein Idol für den inneren Zirkel französischer Rockabilly- und Rock’n’Roll-Fans, ein unheilbarer Alkoholiker und auch ein armer Irrer, der sich zwischendurch für Mateus, den neuen Sohn Gottes, hielt. Das eigene Image hatte er-Sohn armer, in die USA emigrierter englischer Eltern — ganz nach dem Vorbild von Elvis Presley und Gene Vincent stilisiert. Einmal nach England zurückgekehrt, nahm man ihm glatt den amerikanischen Rock’n’Roller ab. EMI hatte einen bodenständigen und auch ganz gut aussehenden eigenen in Cliff Richard, gab ihm aber bald eine Chance.

Nur leider nicht mit (s)einer Originalkomposition. Ihm für die Debüt-Single unbedingt Sun-Material (die relativ obskuren Originale gesungen von Roy Orbison und Ray Price) aufzudrängen, war auch für 1958 keine unbedingt weise Entscheidung. Das richtig gute Stück „Brand New Cadillac“, eine Eigenkomposition, auf der B-Seite zu verstecken und ausgerechnet „Pledging My Love“ von Johnny Ace für die A-Seite der zweiten Single auszuwählen, war richtig doof. Anders als in vielen berühmten Fällen fand sich diesmal auch kein Discjockey, der die Qualitäten des Songs auf der „anderen“ Seite entdeckt, die unablässig gespielt und so zum Hit gemacht hätte. „Brand New Cadillac“ wurde das, was man neudeutsch Vince Taylors Signatursong nennen könnte —der Ohrwurm, mit dem man ihn für immer assoziieren würde.

Bei der Hommage der Clash mit der Cover-Version auf „London Cdllirig“ konnte Produzent Guy Stevens nicht diesen Mix aus „Peter Gunn“ und ursprünglichem Rockabilly-Feeling reproduzieren. Nachträglich darf man sogar grübeln, was aus diesem Vince Taylor geworden wäre, hätte er je einen Produzenten gefunden, das das Potenzial dieses Sangestalents ganz auszuschöpfen verstanden hätte. Mit der Produktion von „Jet Black Machine“ kam er Sound und Energie der von ihm selber so geschützten Rockabilly-Vorbilder schon sehr nahe. Das war für kurze Zeit eine Nr. 16 in der Hitparade des „New Musical Express“, taucht andererseits in der offiziellen „Guinness World Records“-Statistik der britischen Hit-Singles und -LPs nirgends auf.

Auf der anderen Seite des Kanals schätzte Eddie Barclav den jungen Mann so sehr, dass er in den Jahren danach seine Plattenkarriere finanzierte. In Paris empfing man Taylor als Star. Aber jemanden, den er ihm bei den Studio-Sessions als Produzenten mit originellen Ideen hätte zur Seite stellen können, fand auch Barclay nicht.

Für diese Best-Of-Retrospektive konnte man sich problemlos beim Archivmaterial diverser Firmen bedienen. Deswegen fehlt auch die bis zur Hysterie gesteigerte Deutung von „My Baby Left Me“ von 1965 nicht. Man muss aber, um bei der Wahrheit zu bleiben, angesichts des kleinen Vince-Taylor-Kults auch einräumen dürfen, dass man sich bei manchen berühmten Vorlagen wie den Chuck-Berry-Klassikern nur schwer des Eindrucks erwehren kann, einer ganz netten Amateurband zu lauschen. Oder einer semiprotessionellen, um es höflicher zu formulieren. Manch andere, wie Jody Reynolds‘ „Endless Sleep“, „Long Tall Sally“ oder „A Shot Of Rhythm fe? Blues“, haben englische Kollegen von Marty Wilde über Beatles bis Dave Edmunds doch in einiges inspirierteren, fulminanteren und nicht zuletzt weit besser produzierten Aufnahmen vorgelegt. Als erste Werkschau, die Taylors Verdienste auch in den Liner Notes zu würdigen weiß, ist diese CD aber allemal konkurrenzlos.

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