Vom Kapital :: Ein Thriller und wenig einladendes Gesellschaftsporträt des zeitgenössischen Kroatiens

Minister, Journalisten, Polizei, die Mafia sowieso korrupt sind sie alle im zeitgenössischen Nachkriegskroatien, das vom globalen Kapital förmlich über den Haufen gerannt wurde. Der einzige integre Mann in diesem Roman ist ein Schriftsteller, offenbar eine Art Alter ego des Autors, wer sonst? Boris säuft zu viel, ist aber ein ziemlich abgefeimter Knochen, den nicht mal eine Verleumdungskampagne aus der Ruhe bringt, derzufolge er als muslimischer Schläfer einen Anschlag auf die amerikanische Botschaft in Zagreb geplant habe. Nur eine Sache macht ihm Sorgen, die Horrorvisionen seiner vom Krieg schwerst traumatisierten Geliebten. Der Roman zerfällt in drei längere Erzählungen, vom Personal eher lose zusammengehalten. Im Mittelteil, der sich in Form einer Hard-Boiled-Thriller-Parodie den Verbindungen zwischen Politik und Halbwelt widmet, mit der Presse als nicht zu unterschätzenden Reaktionsbeschleuniger, wird es dann etwas unübersichtlich und mutwillig. Zu viele Namen, zu viele Genre-Witze. Im dritten Teil pickt sich Popovic drei Personen heraus, die Hure, den frustrierten Bullen, den geläuterten Schläger, folgt ihnen behutsam, erzählt aus ständig wechselnder Perspektive – und aus der Verflechtung dieser Biografien entwickelt sich ein ebenso spannender wie komplexer und einleuchtender, mit ruhiger Präzision vorgetragener Plot, der die drei auf den Pfad der Tugend – oder was davon noch übrig geblieben ist – zurückführt. Hier muss der Autor auch keine Witze mehr machen, hier erzählt sich die Geschichte von ganz allein, (voland&quist, 19,90 Euro)

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