Weezer

Pinkerton

Es fällt schwer – aber stellen wir uns mal für einen Moment vor, wir wären eine Plattenfirma. Was hätten wir mit einer Garagenband gemacht, deren erstes Album sich zwei Millionen mal verkauft hat? Genau: Wir hätten ihr für die nächste Platte viel Geld sowie einen Promi-Produzenten aufgezwungen und eine einschüchternde Werbekampagne geplant. Dann hätten wir uns ruhig zurückgelehnt und auf die eintrudelnden Milliönchen gewartet. Bei Weezer lief alles genau umgekehrt. Das schlicht „Weezer“ betitelte Debüt erschien 1994. Produziert hatte es Ric Ocasek, den Älteren unter uns noch als Mitglied der längst vergessenen Cars bekannt. Er verpaßte den vier Kaliforniern einen Irgendwie-Sound: So hart wie nötig, so glatt wie möglich. Bald dudelte das hübsche Mitsing-Stück „Buddy Holly“ aus allen Kanälen. Das dazugehörige Video machte Furore, das Album blieb 79 Wochen lang in den Charts. Weezer hatten es geschafft Eine nirvanahafte Karriere – bei derselben Firma.

Mit dem Erfolg kam dann offensichtlich die Bescheidenheit. „Pinkerton“ verhält sich zu „Weezer“ wie das Debüt zum Durchbruch. Die Band produzierte unter eigener Regie, ein ausgemotztes Cover kam gar nicht in die Tüte, die Aufnahme klingt nach Hobby-Studio. Das ist nicht heldenhaft, aber okay. Es unterstreicht den Charakter dieser Band: Man kann rein gar nichts gegen sie haben. Und das ist vielleicht ihre wirkliche Schwäche. Es fehlt das, was sich heute jeder kreative Verkaufsleiter gerne bewahrt: die „Ecken und Kanten“. Dafür geht alles flott ins Ohr.

„Pinkerton“ rockt so vor sich hin, klingt mal nach Pixies („Tired Of Sex“) und mal nach Teenage Fanclub („Across The Sea“). Wer nach „Buddy-Holly“-Radio-Melodien sucht, findet sie reichlich, hat aber nicht selten das Gefühl, all dieses schon hundertmal gehört zu haben. Es gibt wohl derzeit kaum eine Band, die mit dermaßen unorigineller Musik soviel Aufmerksamkeit erregt. Das muß wohl an ihrem sympathischen, immer auf Understatement setzenden Humor liegen: Mal ein Stück über die Unlust am Sex geschrieben zu haben, kann man ihnen in unserer sexbesessenen Zeit durchaus als Verdienst anrechnen.