WELCOME TO SARAJEVO von Michael Winterbottom :: ab 11. Juni

Ein Junge begegnet dem Helden der Geschichte: Es ist ein Meßdiener in einem gestärkten weißen Gewand mit einer roten Scherpe. Eben noch hat der Knabe in seinem Amt die Integrität der Kirche symbolisiert und mit seiner Unbedarftheit vereint, da wird alles von Geschützfeuer verdorben. Die Hochzeitsgesellschaft auf der Straße stiebt auseinander. Die Brautmutter bleibt am Boden liegen, in einer schnell größer werdenden, blutroten Lache. Der Junge flüchtet wie alle anderen vor der grausamen Wirklichkeit in der belagerten Stadt, sein Gesicht, das sich einmal kurz zurückwendet und etwas ruft, ist starr vor Angst. Nur die Reporter, zu denen der Held Henderson (Stephen Dillane) gehört, werden von solchen Ereignissen angezogen wie Schmeißfliegen. Verschlüsse klicken, Kameras surren, hektische Rufe kommen aus der Deckung hinter der nächsten Straßenecke. „Halt auf das Brot“, brüllt jemand anderntags, um die blutigen Folgen eines Massakers in einer Menschenschlange zu illustrieren, die um etwas Brot anstand. Der Brite Michael Winterbottom hat die Zwiespältigkeit der Kriegsberichterstattung in etlichen solcher Episoden mit der Handkamera, rasenden Schnitten und schlecht beleuchteten Nahaufnahmen an Originalschauplätzen eindrucksvoll festgehalten. Der Film entstand kurz nach dem Friedensabkommen von Dayton nach einem wahren Fall von Menschlichkeit. Ein britischer Kriegsreporter hatte ein Waisenmädchen außer Landes geschmuggelt und adoptiert Kinder wie der kleine Meßdiener, legt der Film nahe, ließen ihn gegen die Kriegsmechanismen aufbegehren.

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