Whiskeytown :: Strangers Almanac
Das zweite Album von Ryan Adams Alt-Country-Band, erweitert.
Da war unüberhörbar eine Menge „Wild Horses“ im Gitarren-Riff von „Everything I Do“, aber auch viel Ronnie-Lane-Melancholie in der ganzen Stimmung des Songs. Gleich beim ersten (und einem der allerbesten: „Inn Town“) konnte man wieder mal studieren, dass und wie Gram Parsons – auch via Jayhawks und Uncle Tupelo —Jahrzehnte nach seinem Tod viele Bands im Alt-Country- und Americana-Lager beeinflusste. Dessen Geist wehte auch unverkennbar durch „Excuse Me While I Break My Own Heart Tonight“ – bei der Ur-Aufnahme für das Debüt „Faithless Street“ allerdings noch machtvoller als bei der Fassung, die Ryan Adams unbedingt für dieses nachfolgende Album aufnehmen musste. Das erste hatte Chris Stamey produziert. Für das zweite, befand man bei Geffen Records, war als Produzent und Toningenieur derselbe Jim Scott die bessere Besetzung, der beiTom Pettys „VSüdfiowers“ als Tonmann am Mischpult gesessen hatte. Ob das der Grund dafür war, dass die Neuaufnahme entschieden mehr wie Mainstream-Country-Rock klang, lässt sich bestenfalls argwöhnen.
Als Co-Autorin und Sängerin sorgte die Kollegin an der Violine dafür, dass öfter auch hier der „Amateur“-Charme des Erstlingswerks über eine gewisse kommerzielle Glätte triumphierte. Wie überhaupt die Beiträge von Cary Caitlin wieder zu den besten der Platte gehörten. Hinreißend, wie sie bei „Houses On The Hill“ und „Dancing With The Women At The Bar“ Adams‘ Emmylou Harris war. Die paar noch an seine Punk-Rock-Anfänge erinnernden Aufnahmen waren so übel nicht. Aber der Stoff, mit dem er seine Reputation als eines der hoffnungsvollsten Schreiber-Talente festigte, waren natürlich Songs wie „Losering“ — auch so ein frühes Präludium zu „Love Is Hell“-Größe.
Trotz Adams‘ etwas chaotischer Hire-and-Fire-Politik, trotz der dauernden Umbesetzungen und der Tatsache, dass Session-Musiker (John Ginty an diversen Keyboards und Gitarrist Greg Leisz) ganz erheblich zur Qualität der Platte beitrugen, wurde „Strangers Almanac“ als der Durchbruch einer Band gefeiert. Als solche präsentierte man sie auch wenige Monate später bei einem Auftritt beim Sender KCRW-FM in Santa Monica, von dem fünf Songs Zugabe auf der ersten CD dieser Sammler-Edition sind. Aber schon hier konnte man den Eindruck gewinnen, dass der Sänger mehr denn je der Star der Veranstaltung war.
Der hatte sich auf die Sessions in Nashville eingestimmt, indem er mit der Band die fast zwei Dutzend Songs probte, die jetzt Bonus-Tracks auf der zweiten CD sind. Neben neuen eigenen auch die von sehr geschätzten Kollegen (Johnny Cash, Gram Parsons, Alejandro Escovedo, Stevie Nicks). Bis auf eine Ausnahme noch von Chris Stamey produziert, klingen diese oft ausgestöpselt musizierten (dabei absolut professionell aufgezeichneten und abgemischten!) Versionen fallsweise gar eindrucksvoller als die späteren Endfassungen. Womit diese Zugaben das Set zu einem richtig feinen Sammlerteil machen. Nämlich Adams und Cary Caitlin bei ihrem klassischen Country-Heuler „My Heart Is Broken“ im Duett, exzellente Songs wie „Kiss & Make-Up“, die er kurioserweise nicht für das Album aufnahm, Raritäten wie „Wither, Fm A Flower“ und der Soundtrack-Beitrag „Theme For A Trucker“.