Yoko Ono Plastic Ono Band

Between My Head And The Sky

Erst ganz am Ende, in Song Nummer 15, verrät Yoko Ono, warum sie die Plastic Ono Band reformiert und dieses wunderbare Album aufgenommen hat: In dem 20 Sekunden kurzen Stück schlägt die Witwe John Lennons einfach nur lautstark auf ein Blech und sagt ganz ruhig: „It’s me. I’m alive.“ Knapper und treffender kann man das Wesen von Kunst nicht auf den Punkt bringen. Die Künstlerin macht ein Angebot, das wir als Rezipienten entweder annehmen oder ablehnen können. That’s all.

Vor 40 Jahren, als die Plastic Ono Band in Toronto ihr Live-Peace-Konzert gab, war die Ablehnung von Yokos Auffassung von Musik mindestens so groß wie die Ablehnung ihrer Person. Das änderte sich allerdings in den Achtzigern, als Musiker wie Elvis Costello und Bands wie die B-52’s
und Sonic Youth sich bewusst auf die exzentrische Kreativität und Gesangsakrobatik der japanischen Fluxus-Künstlerin bezogen. Auf dem Cover-Album „Yes, I’m A Witch“ huldigte ihr vor zwei Jahren fast die gesamte Hipster-Creme der Popmusik – von Antony über Cat Power und Peaches bis zu den Flaming Lips.

Auch die neue Plastic Ono Band besteht aus Musikern, die cool as fuck sind und obendrein noch Familie: Sean Lennon ist natürlich ebenso dabei wie seine Ex-Lebensgefährtin Yuka „Cibo Matto“ Honda und der japanische Electro-Hansdampf Keigo „Cornelius“ Oyamada. Es gibt aber auch ein paar gestandene New Yorker Jazzer wie den Cellisten Erik Friedlander, den Trompeter Michael Leonhart oder den Saxofonisten Daniel Carter. Das führt dann zu so erstaunlichen Stücken wie dem Reggae-vs-Jazz-Stück „Hashire, Hashire“, das sich anhört, als hätte man eine Brass-Band aus Louisiana nach Jamaika verschickt.

Yoko liefert dazu ihre bekannte, manisch hervor gepresste Stimmakrobatik. Im Titelsong schnauft, gurgelt, bellt und heult sie wie in ihren besten Tagen – erstaunlich, wie jung ihre Stimme immer noch klingt -, während ihre Begleiter einen schmutzig brodelnden Jam aufführen. „Waiting For The D-Train“ rockt ebenfalls ziemlich wild, während „The Sun Is Down!“ auch im Morgengrauen aus einem Berliner Electro-Club bleepen könnte. Die beiden treibenden Stücke „Moving Mountains“ und „CALLING“ bilden eine Art Outer-Space-Schwerpunkt und klingen wie eine Kreuzung der esoterischen Don-Cherry-Alben mit einer guten Portion Krautrock a la Can oder Embryo.
Natürlich ist das starker Stoff und nichts für die Oldie-Fraktion. Aber Yoko Ono ist ja auch erst 76.


Jürgen Ziemer