Im ROLLING-STONE-Interview erklärte Charlie Watts seinen einzigartigen Schlagzeug-Stil, mit Ringo-Vergleich

„Ich hasse das, kann es aber nicht abstellen“

Charlie Watts galt nicht nur als essentielles Mitglied der Rolling Stones, er war auch einer der besten Schlagzeuger aller Zeiten. 1995 trafen wir den Drummer zum ausgiebigen Interview. Natürlich sprachen wir dabei auch seinen außergewöhnlichen Stil an. 

„Vieles von dem, was ich spiele, ist aus der Not geboren, es nicht richtig zu beherrschen“, sagte er damals lachend. Wir wollten es genauer wissen:

Zum Beispiel diese Eigenart von Dir, Hi-Hat und Snare nie gleichzeitig zuschlagen? „Genau. Höchst irritierend. Ich hasse das, kann es aber nicht abstellen. Ich brauche ja die Snare Drum an meinem Knie, und da ich aus dem Handgelenk heraus spiele und meine Bewegung nur aus den Fingern kommt, ist meine Hi-hat sehr niedrig. Um den Backbeat dazwischenzukriegen, setze ich also einen Schlag aus, sonst würde ich mich mit meinen Armen verheddern, (lacht). Ich habe früher nie darüber nachgedacht, ich habe es einfach immer so gemacht. Blöd.“

Ist Dir aber bewußt, daß diese Technik inzwischen unzählige Nachahmer gefunden hat? „Ja, aber es ist absurd. Ich weiß noch, wie Jim Keltner nach einem Auftritt zu mir kam und mir triumphierend mitteilte, er wisse jetzt, wie ich „es“ mache. Ich dachte, er will mich auf den Arm nehmen. Jahre später gestand er mir, daß es schwierig gewesen sei, sein Spiel umzustellen. Er hat meine Notlösung als Stilelement verstanden, und es gibt eine Menge Leute wie ihn, seltsam. Eigentlich müßten sie ja nur ihre Arme einsetzen, dann könnten sie durchspielen.“

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Hast Du eigentlich jemals den Versuch gemacht, straight zu spielen und athletischer? „Oh ja, klar. Es hat nicht geklappt. Damals, als Beat groß war und alle Ringo sein wollten, habe ich es eine Weile ausprobiert, aber alle waren dagegen. Keith fand es fade, Ian Stewart vermißte den Swing, also bin ich zu meinem natürlichen Stil zurückgekehrt und habe seither nicht mehr daran herumgepfuscht (lacht).

Gibt es einen kausalen Zusammenhang zwischen Deinem Stil und dem simplen Aufbau Deines Schlagzeugs? „Wahrscheinlich schon. Ich habe nie mehr gebraucht. Ich wüßte auch nicht, was ich mit zusätzlichen Teilen anfangen sollte. Viel von dem, was ich mache, wie ich die Sticks halte, habe ich bei Phil Seaman abgeguckt. Er war der erste, den ich so spielen sah, mit dem altmodischen Griff. Das grenzt die Reichweite natürlich ein, weshalb die Kits klein bleiben und entsprechend eng stehen. Die modernen Drummer, die Ringo nacheiferten und lernten, mit den Armen zu spielen, hatten dann schon bald einen gewaltigen Aufbau aus zig Teilen, auf denen sie sich austobten. Das ist nichts für mich. So wie Phil Seaman spielte, brauchte er nie einen großen Apparat. Manchmal schon. Ich erinnere mich mit Schrecken an eine Art Battle with Drummers zwischen Seaman und Ginger Baker. Beide hatten riesige Batterien um sich aufgebaut und wechselten sich mit Soli ab, über eine Stunde lang. Am Ende sollte das Publikum entscheiden, wer besser war. Eine wahre Tortur. Weißt Du davon? Mich überrascht das, obwohl es Ginger zuzutrauen ist. Du mußt wissen, daß Phil so etwas wie Gingers Guru war. Die beiden haben sogar zeitweise im selben Haus gewohnt. Als ich Ginger kennenlernte, das muß 1959 gewesen sein, stand er ganz unter dem Einfluß von Phil. Natürlich entwickelte er später seinen persönlichen Stil, nicht erst in Afrika.“

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