Ron Wood

In der Hotelsuite sieht’s aus wie bei Hempels unterm Sofa: ein Schal über der Lampe, verschmutzte Wäsche auf dem Boden. Gerade als Woods Frau Jo samt Wäschekorb das Zimmer verlassen will, schallt es ihr nach: „Jo, die Socken kannst du hierlassen. Die wasch ich immer im Spülbecken aus.“ Jo rollt mit den Augen und entschwindet. Wood kippt sich ein neues Bier ein und murmelt: „Wirklich, ich wasch sie immer im Spülbecken. Na gut“ Was waren bislang die besten Shows der Stones-Tournee?

Das zweite Konzert in Las Vegas. Man sollte meinen, daß die Leute, die soviel Knete für ein Ticket raustun, nur gelangweilt gähnen. Falsch. Diese 300 Dollar-Freaks sind die absoluten Maniacs.

Du gilst ab Witzbold der Band. Wann hat sich zum letzten Mal einer deiner Kollegen umgedreht und geknurrt: „Verpiss dich, Alter“?

Fast jeden Abend. Neulich beim Konzert hab ich Mick gesagt: „Hör doch endlich auf, dich anzugaffen.“ Er guckt sich im Jumbotron-Moriitor nämlich liebend gerne selbst an.

An welchen Stone würdest du dich wenden, wenn du einmal ein privates Problem hättest?

Hängt davon ab. So was wie ein Hangover im Liebesleben? Schwer zu sagen. An keinen, wenn es sich ums Liebesleben handeln würde. Aber wenn’s um Leben und Tod gehen würde, ginge ich zu Mick. Denn im Gegensatz zum Image, das die Leute von ihm haben, hat Mick eine ausgeprägte soziale Ader. Er wäre der Mann, der sofort einen Rettungstrupp organisiert, wenn du verschollen wärest. Ich hab ihn des öfteren in Aktion gesehen, wenn jemand ernsthaft krank war. Und da spielt’s keine Rolle, ob das Herr Wichtig oder der Laufbursche ist. Wenn jemand Hilfe braucht ist Mick da. Keith natürlich auch. Und Charlie auch – vorausgesetzt, du kommst zu ihm durch. Denn wenn Charlie die Bühne verlassen hat, gehen bei ihm alle Vorhänge runter.

Was ist dein Lieblings-Stones-Album, auf dem du nicht mitspielst?

Schwere Frage, „Beggars Banquet“, würde ich sagen. Neulich sagte mir ein jüngerer Stones-Fan: „Ich habe komplett alle Stones-Alben. Alle von ,Black And Bitte‘ angefangen.“ (Lacht) Keith erwähnte in einem Interview, daß er dich einmal verprügelt habe. Erinnerst du dich daran?

Und ob.(Lacht) Es war irgendwann in den Siebzigern in San Francisco. Keith und ich machten immer die Nacht durch – notfalls auch fünf Nächte in Folge. Irgendwann kam der Zeitpunkt, wo wir nicht mehr zurechnungsfähig waren. Und in einer dieser Nächte ging er mit einer Flasche auf mich los, einer zerbrochenen Flasche – war wahrscheinlich vorher an meinem Kopf zersplittert. Jedenfalls war ich mächtig am Bluten, während Keith gerade noch davon abgehalten werden konnte, aus dem Fenster zu fallen. Klarer Fall – die Drogen. Ich war auf Freebase, hatte Keith gegenüber aber das Gegenteil behauptet. Und Keith haßt Lügen. Und dann flippte er aus.

Ich erinnere mich noch, daß im Nebenzimmer Mick mit Charlie an einem Song arbeitete. Blutverschmiert ging ich rüber und flüsterte: „Schaut nur, was Keith und ich angestellt haben.“ Worauf Mick ungerührt sagte: „Wie kriegen wir nur die acht Takte Überleitung in diesen Song hinein?“

Keith hat Horror vor Käse. Was hast du an irrationalen Ängsten?

Die Angst, daß Keith rausfindet, daß ich ihm Käse in die Suppe gestreut habe. Aber ich mache Keith ja gar keinen Vorwurf: Käse kann einen schon kirre machen.

In dein Haus in Irland hast du ein Pub einbauen lassen. Der Weg vom Bett zur Bar ist der denkbar kürzeste.

Exakt. Und ich habe es nach den letzten Worten getauft, die mein Alter im Suff noch sprechen konnte: „Where do you think you are? On your father’s yacht?“ Folglich heißt mein Pub „Your Father’s Yacht“. Ich hab einen Snooker-Tisch, eine Jukebox, eine Bar, dazu Guinness vom Faß – was braucht man noch mehr zum Glück?

Was ist die größte Annehmlichkeit, wenn man reich ist ?

Ha, du sprichst mit dem schlechtesten Geschäftsmann der Welt. Wenn ich das Zimmer hier bis zur Decke mit Zaster vollstopfen könnte, würde ich bestimmt meinen Spaß haben. Aber selbst an ’nem guten Tag hab ich nicht mal zehn Mäuse auf der Naht. Okay, laß uns mal sehen. Was hast du in den Taschen? Dürften rund zwölf Dollar sein. Und selbst die hab ich von Jo geschnorrt.

Wann hast du zum letzten Mal einem anderen Stone ein Geschenk gekauft?

Zu Keiths 50. Geburtstag hab ich mir ein paar Scheine kosten lassen. Ein alter Globus, der heute in seinem Büro steht.

Bei den Aufnahmen zum letzten Stones-Album muß plötzlich Jerry Lee Lewis ins Studio geplatzt sein. Was hatte es damit auf sich?

Jerry hatte sich in Irland verkrochen, weil man ihm in Tennessee an die Eier wollte. Er ist nicht gerade der umgänglichste Mensch, aber ich kenne ihn seit ein paar Jahren und komme ganz gut mit ihm klar. Naja, sooo gut auch wieder nicht (Lacht). Ich lud ihn ins Studio ein, aber alle sagten nur: „Woody, der schräge Vogel kommt doch nie und nimmer.“ Aber er kam. Und brachte Keith gleich zum Kochen, weil er gönnerhaft meinte: „Son, one day youll learn how to play that thing.“ Keith kriegte den Koller. Ich sagte: „Was regst du dich auf? Es gibt halt Leute, die selbst dich noch ficken können.“ Als sich alle beruhigt hatten, gingen wir zu Jerrys Haus. Im ersten Stock war ein riesiges Loch in der Wand. Ich sagte: Jerry, was ist passiert?“ Und Jerry knurrte: „Diesmal hab ich sie noch verfehlt“ (Lacht). Als wir in New Orleans spielten, haben wir auch Fats Domino besucht. Er schläft im Gartenschuppen, weil ihn seine Frau nicht ins Haus läßt. Am nächsten Morgen rief er mich an: „Tut mir leid, daß ich euer Konzert verpaßt habe. Aber in meinem Alter geht man nicht mehr auf die Piste.“ Da war ich gerührt.

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