Ryan Adams & The Cardinals / Neal Casal – Hamburg, Docks

Ryan Adams dreht seine Country-Songs mit den Cardinals und Neal Casal durchs Jam-Einmaleins

Im dritten Anlauf schafft es Ryan Adams nach vierjähriger Abstinenz wieder auf eine Hamburger Bühne. Die steht im halbwegs gefüllten Docks, wo Neal Casal solo-akustisch ein paar bittersüße Downer aus dem Epizentrum der großen Tristesse unters Volk bringt, bevor er ?um zweiten Gitarristen der Cardinals mutiert.

Ryan Adams, im knallroten Mickey-Mouse-T-Shirt, plappert Artigkeiten, bevor er zum Auftakt „A Kiss Before I Go“ reicht. Country als Semi-Metal? Nahtlos rein in ein starkes „Cold Roses“, die Twin-Gitarren singen das erste Mal und wollen dan n bald gar nicht mehr aufhören. Spätestens bei einem ausufernden „Magnolia Mountain“ ist klar, wohin dieser Hase heute läuft.

Rhythmusgruppe und Pedal Steeler Jon Graboff tragen zwar brav Western-Zwirn. Aber das ist nur Tarnung. Meistens. Denn Adams, unter seinem Pony begraben und konsequent von unten wie ein Zombie ausgeleuchtet, ist wild entschlossen, etliche Vorlagen der bevorzugten Alben „Cold Roses“ und Jacksonville City Nights“ durchs kleine Jam-Band-Einmaleins zu drehen. Das wirkt manchmal konstruiert und auch so, als traue Adams seinen Songs nicht so recht, als müsse er sie frisieren, aufmotzen, ja halb tot prügeln, um noch einen letzten Funken Leben in ihnen zu entdecken.

Es geht auch anders. Sehr schön anders sogar. Dankbar nimmt man „Blue Sky Blues“ entgegen, den einzigen Abstecher zu „29“, mit Adams am Klavier und einer Band, die auch subtil agieren kann. Oder „The End“ und ein brachial-konzentriertes „Please Don’t Let Me Go“. Oder das neue „Tears Of Gold“, straighter Country, Casal singt feine Harmonies. „Let It Ride“ rollt wie es soll, „Easy Plateau“ bleibt, tja, flach. Ältere Songs überleben heute abend nur mutiert, wie „To Be Young (Is To Be Sad, Is To Be High)“ als tonnenschwerer Blues-Stomper aus dem Kellerloch an der Ecke.

Ein weiterer neuer Song mit dem programmatischen Titel „Party Clown“ bringt den Abend nach zwei Stunden ohne Zugabe auf die wüst rockende Zielgerade. Noch ein Abstecher zu “ Heartbreaker“ mit „Bartering Lines“ und „Shakedown On 9th Street“, die brachialen Riffs der Nummer-Sicher „This Is It“, schließlich „I See Monsters“, theatralisch, dramatisch. Adams hebt die Hände beschwörend zum Himmel und windet sich wie ein kleiner Rock-Gott in den letzten Zuckungen. Kein Wunder: Er hatte gerade ein Monster erschaffen, das ein paar Köpfe zu viel mit sich rumträgt.

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