Salon gegen einsame Insel

Ferry, der Produktivling: ein Schnellgang durch knapp 30 Jahre Roxy Music und Solotätigkeit – mit allen Höhe- und Tiefpunkten.

Die Roxy-Music-Single „Virginia Plain“, der großartig röhrende Auftakt zu Bryan Ferrys Karriere als Sänger, Songautor und Performer, schrieb er 1972 in Anlehnung an eines seiner eigenen Gemälde. Musikalisch und grafisch visionäre Meisterwerke bleiben auch die ersten zwei LPs „Roxy Music“ (1972) und „For Your Pleasure“ (1973), auf die schon wenige Monate später Ferrys erste Soloplatte „These Foolish Things“ folgte, ein Coverversio-nen-Album, und nur vier Wochen später „Stranded“, die nächste Roxy (immer noch 1973). 1974 kamen solo „Another Time, Another Place“ (mit dem berühmten Swimming-Pool-Foto und weiteren Evergreen-Covers) und mit Band „Country Life“. „Siren“ (1975) war dann für einige Zeit die letzte Roxy, Im Alleingang legte Ferry mit „Let’s Stick Together“ (1976) eine weitere Sammlung neu interpretierter Klassiker vor, mit „In Your Mind“ (1977) einige etwas müde Neukompositionen, mit „The Bride Stripped Bare“ (1978) eine Art Jerry-Hall-Trennungsalbum.

Die auf diesen Platten etablierte Lounge-Pop-Atmosphäre prägte dann auch den Zweitstart von Roxy Music mit den drei Alben „Manifesto“ (1979), „Flesh + Blood“ (1980) und „Avalon“ (1982). Sein bis heute erfolgreichstes Soloalbum „Boys And Girls“ (1985) war eine Großproduktion mit über 30 Musikern, MTV-tauglichen Videos und vielen Edelsalon-Songs, die noch heute gut klingen. Was für das blutleere „Bête Noire“ (1987) weniger gilt. Ein weiteres fast reines Coveralbum kam – nach der Arbeit am verworfenen „Horoscope“ – unter dem Titel „Taxi“ (1993) mit einer eigenartigen Mischung aus alten Schlagern und Rock-Klassikern. Auf „Mamouna“ (1994) versuchte er die pompös produzierte Zweitverwertung einiger „Horoscope“-Stücke. Deutlicher denn je bekannte er sich auf „As Time Goes By“ (1999) zur nostalgischen Lust an alten 30er-Jahre-Standards von Cole Porter oder Rodgers & Hart. „Frantic“ (2002) war das erfolgreiche Projekt, Covers und Eigenes in zeitgenössischer musikalischer Anmutung unter einen Hut zu bringen, mit vielen aktuellen Gästen. Weniger glücklich geriet „Dylanesque“ (2007) mit elf Dylan-Songs – einer Platte, die zudem auch noch in einer Hülle steckte, die optisch weit unter dem lag, was man früher von Ferry gewohnt war. „Olympia“, das neue Album, ist in jeder Hinsicht ein Schritt nach vorne: eine spannungsreiche, im richtigen Maß spröde und kuschelige Platte. Mit Kate Moss auf dem Cover, die zum ersten Mal einer Ferry-LP auch eine visuelle Roxy-Anmutung gibt. JH

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