Sean Combs: Jury konzentriert sich auf „Freak-Offs“ – Beratungen gehen weiter
Jury fordert umfangreiche Aussagen von Casandra „Cassie“ Ventura an. Was steht Sean Combs bevor?
Die Jury im Fall Sean Combs wegen Sexhandels und Erpressung konzentriert sich besonders auf die Aussagen von Casandra „Cassie“ Ventura bezüglich zweier Schlüsselmomente. Den sogenannten „Freak-Offs“, die die Staatsanwaltschaft als eindeutige Beispiele für sexuellen Menschenhandel durch Combs einstuft.
Aussagen zu Cannes-Reise und Hotel-Vorfällen im Fokus
Am Dienstag, dem zweiten Tag der Beratungen, baten die Geschworenen um drei verschiedene Abschnitte von Venturas Aussage. Dazu gehören die Ereignisse rund um den Vorfall im InterContinental Hotel im März 2016, bei dem Combs auf Video zu sehen ist, wie er Ventura während eines Freak-Offs tritt, trampelt und zurück in die Hotelsuite schleift.
Die Jury forderte zudem Venturas Aussage zur Reise des Paares nach Cannes im Mai 2012. Ventura gab an, dass Combs sie während eines tagelangen Streits von einer Yacht geworfen habe – ohne Pass –, ihr bei einer Filmpremiere die Fingernägel in die Haut gedrückt habe und sie während eines Fluges verspottet habe, indem er Freak-Off-Videos von ihr abspielte, die sie für gelöscht hielt.
„Wir landeten in New York, gingen zum Abendessen, und er wollte einen Freak-Off – also hatten wir einen Freak-Off“, sagte Ventura. Sie erklärte, sie habe zugestimmt, weil sie „zu diesem Zeitpunkt bereit war, alles zu tun, was ihn davon abhielt, wütend auf mich zu sein und mich zu bedrohen.“
Die Jury forderte auch Venturas Aussagen – sofern vorhanden – über ihre Interaktionen mit Daniel Phillip, einem männlichen Entertainer, der im Prozess ausgesagt hatte. Die Geschworenen wollten zudem nochmals Phillip’s Aussagen über seine angeblichen Freak-Offs mit Ventura und Combs im Essex Hotel prüfen.
Erschütternde Schilderungen von Gewalt
Phillip sagte aus, er habe das Paar mindestens zweimal im Essex Hotel für Freak-Offs getroffen. Bei einem dieser Treffen habe Ventura plötzlich begonnen zu schreien: „Es tut mir leid, es tut mir leid“, bevor er hörte, „wie es klang, als würde sie geschlagen und … im Zimmer herumgeworfen.“ Kurz darauf sei ein fast nackter Combs aus dem Zimmer gestürmt, und eine „zitternde“ und „verängstigte“ Ventura sei in seine Arme gesprungen.
Die Nachfragen deuten darauf hin, dass sich das Gremium auf zwei zentrale Freak-Offs konzentriert, die von den Bundesstaatsanwältinnen Christy Slavik und Maurene Comey in ihren Schlussplädoyers hervorgehoben wurden. Comey erklärte, diese Ereignisse seien eindeutige Belege dafür, dass Ventura durch Drohungen und körperliche Gewalt zur Teilnahme gezwungen worden sei. Die Anklage verwies außerdem auf ein drittes angebliches Beispiel für Sexhandel im Jahr 2013 mit Ventura und Phillip.
Phillip schilderte, er sei für einen Freak-Off in Venturas Wohnung in New York gewesen, als Combs sie in ein Schlafzimmer rief. Als Ventura ihn bat zu warten, sei plötzlich eine Flasche Alkohol an ihrem Kopf vorbeigeflogen und an der Wand zerschellt. „Schlampe, wenn ich dir sage, du sollst kommen, dann kommst du“, habe Combs gebrüllt und Ventura angeblich an den Haaren in das Zimmer gezerrt. Phillip sagte, er habe gehört, wie Ventura unter Schlägen schrie: „Es tut mir leid.“
Jury mit wiederholten Rückfragen
Kurz darauf seien beide aus dem Raum gekommen, und Combs habe den Freak-Off fortsetzen wollen, obwohl Ventura „nicht mehr bereit wirkte, irgendetwas zu tun“. Phillip sagte, er sei nicht in der Lage gewesen, eine Erektion zu bekommen, woraufhin Combs ihn entließ. „Ich erinnere mich nicht daran, dass sie mir Geld gaben“, sagte Phillip. „Ich hätte es wahrscheinlich ohnehin nicht angenommen.“
Am Dienstagnachmittag wurden nach Sichtung der relevanten Aussagen Auszüge aus den Protokollen an die Jury übermittelt.
Es ist das dritte Mal, dass die Geschworenen während ihrer Beratungen Rückfragen stellten oder spezielle Wünsche äußerten. Bereits am Montag hatte der/die Juryvorsitzende Richter Arun Subramanian mitgeteilt, dass ein Jurymitglied sich weigere, den Anweisungen des Gerichts zu folgen. Später am Tag bat die Jury um eine Klarstellung, was genau unter Drogenverteilung zu verstehen sei.
Combs zeigt sich gelassen im Gericht
Combs wirkte am Dienstagmorgen bei guter Laune. Als er sich im Gerichtssaal umdrehte, sah er seine Mutter Janice in der zweiten Reihe sitzen, offenbar besorgt. „Entspann dich einfach“, sagte er ihr, kurz bevor er aus dem Raum geführt wurde. „Es wird alles gut, Mom. Ich liebe dich.“
Etwa eine Stunde später kehrte Combs zur Verlesung der Jury-Notiz zurück und bemerkte Dana Tran, die Mutter seiner jüngsten Tochter, neben Janice sitzen. Die beiden grüßten sich lächelnd, dann zeigte Tran auf ihre frisch gestylte Frisur. „Sieht gut aus. Ich liebe es“, formte Combs stumm mit den Lippen.