Sean Combs will Missbrauchstäter beraten – mutmaßliche Opfer sind entsetzt

„Wie willst du andere beraten, wenn du deine eigenen Probleme nicht aufgearbeitet hast? Das ist Manipulation in Reinform“, sagt eine Quelle gegenüber ROLLING STONE

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Sean „Diddy“ Combs’ angeblicher Plan, nach seiner Entlassung aus dem Bundesgewahrsam als Berater für häusliche Gewalt tätig zu werden, sorgt bei seinen mutmaßlichen Opfern für Empörung.

Kritik an Verteidigungsstrategie

„Das ist völlig absurd“, sagt Douglas Wigdor, Opferanwalt und Vertreter von Combs’ Ex-Freundin Casandra „Cassie“ Ventura. „Wie willst du andere beraten, wenn du selbst nicht an dir gearbeitet hast? Das ist Manipulation in Reinform“, fügt eine Person hinzu. Sie gibt an, in den 2010er Jahren von Combs körperlich angegriffen worden zu sein. ROLLING STONE hat diese Darstellung bestätigt. Eine weitere angebliche Betroffene, die derzeit gegen Combs klagt, nennt die Pläne „eine Verhöhnung des Systems“. Und fordert, Combs brauche „intensive Therapie“.

Die Kritik entzündete sich an Aussagen von Combs’ Verteidigerin Alexandra Shapiro gegenüber „Business Insider“. Demnach wolle der Gründer von „Bad Boy Record“s als Anti-Gewalt-Berater arbeiten. Einfach, „um anderen zu helfen, dies nicht zu tun. Und um in Zukunft auf positive Weise zu wirken“.

Shapiro kündigte an, dass Combs’ Pläne in einem Antrag auf Strafmilderung – bis hin zu einer Strafe „auf Bewährung für bereits abgesessene Zeit“ – dargelegt werden sollen. „Die Idee ist, dass er mit Programmen arbeitet. Und mit jungen Menschen und anderen Betroffenen spricht, um ein Bewusstsein zu schaffen. Manchmal können gerade Menschen wie er die besten Fürsprecher sein“, so Shapiro.

Gloria Allred, Anwältin zweier Klägerinnen, hält diese Ambitionen für verfrüht. „Sein Ziel besteht den Lachtest nicht“, sagt sie. Zuerst müsse Combs ein Aggressionsbewältigungsprogramm absolvieren. Verantwortung übernehmen. Entschädigung leisten. Und um Vergebung bitten, bevor er eine Ausbildung zum Gewaltberater beginnen könne.

Verurteilung und Missbrauchsvorwürfe

Combs (55) wurde im vergangenen Monat schuldig gesprochen, gegen den Mann Act verstoßen zu haben, indem er Frauen zu Prostitution transportierte. Schwerwiegendere Anklagen wegen organisierter Kriminalität und Menschenhandels wurden fallengelassen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm vor, Cassie Ventura und eine weitere Freundin zu drogen- und sexuell motivierten Treffen mit männlichen Escort-Dienstleistern gezwungen zu haben.

Im Mai 2024 veröffentlichte CNN ein Überwachungsvideo von 2016, das zeigt, wie Combs Ventura in einem Hotelgang tritt und zerrt. Combs entschuldigte sich in einem Video und übernahm „volle Verantwortung“. Vor Gericht räumte seine Verteidigung mehrfach Gewalt gegen Ventura ein, bestritt jedoch, dass dies Menschenhandel darstelle. Ventura schilderte unter Tränen langjährigen Missbrauch, darunter einen Angriff im Januar 2009, bei dem Combs ihr zehn Minuten lang mit Schuhen ins Gesicht trat.

Gerichtliche Einschätzung und weiteres Verfahren

Richter Arun Subramanian bezeichnete Combs nach dem Schuldspruch als „Gefahr für die Öffentlichkeit“ und ordnete Untersuchungshaft bis zur Urteilsverkündung am 3. Oktober an. Er betonte, dass Combs auch nach Beginn der Ermittlungen im Jahr 2024 erneut gewalttätig geworden sei – ein Beweis, dass selbst strengste Auflagen solche Ausbrüche nicht verhindern könnten.