
Sicher haben wir alle Seelenverwandte
Was einen Ex-Punk mit Neil-Young-Frisur und den T.-Rex-Fan verbindet

„War eigentlich Konstantin Zobel schon in deinem Laden?“, fragte mich ein Kunde kurz nach der Eröffnung von Villa Hansa Schallplatten. Ein Name wie aus der munteren Manufaktur für Kurt-Tucholsky-Pseudonyme: Theobald Tiger, Ignaz Wrobel, Konstantin Zobel!
Im Januar 2025 erschien er dann tatsächlich erstmals, und es war direkt klar: Konstantin Zobel ist ein Ereignis. Er sieht aus wie ein jüngerer Cousin von Neil Young, mit „Harvest“-Ära-Frisur, trägt einen verwegenen Stetson-Hut und wirkt so tiefenentspannt, als wäre er gerade von Stings Gästeyogamatte aufgestanden.
Popkulturtourist Zobel, mittlerweile Stammkunde, erzählt mit der gleichen Begeisterung von Konzerten in den USA (Willie Nelson, Bob Dylan) wie von seinen regelmäßigen Pilgerfahrten nach Solingen ins Laurel & Hardy Museum. Schräg gegenüber von Bad Nauheims bestem Restaurant, dem Griechen Mythos, befindet sich seine Wirkungsstätte. Er ist Inhaber einer Gitarrenschule, deren Räumlichkeiten er lässig „Studio“ nennt.
Früher war er Punkkünstler: Unter dem Namen Buddy Love, benannt nach Jerry Lewis’ Rolle im Film „Der verrückte Professor“ (1963), tourte Zobel in den späten Achtzigern, frühen Neunzigern durch Deutschland, trat in Rocko Schamonis Golden Pudel Club auf. Er heckte gemeinsam mit den befreundeten Throw That Beat In The Garbagecan! Songs aus und eröffnete Konzerte für sie, auch ihr Reunion-Spektakel am 13. September 2014 im ausverkauften Berliner Club Lido.
Im Gespräch über T.Rex und Queen
Das Schönste am Plattenladen sind die Geschichten, die mit der Kundschaft das Geschäft betreten. Manche werden gleich von der Leine gelassen, andere kann man nur erahnen, sie müssen vorsichtig erfragt werden. Wer ein Bandshirt trägt, ist erfahrungsgemäß auskunftsfreudig.
Horst kam mit einem T.-Rex-Leibchen in die Villa Hansa. Wie man sich als Fan zum Horst machen kann, ist bekannt. Aber was machte Horst zum Fan? „Es gab im Südwestfunk die Wunschsendung ‚Vom Telefon zum Mikrofon‘. Da lief 1971 dann irgendwann ‚Hot Love‘. Ich war elf Jahre alt und gefasht.“
1987 gründete er, anlässlich des zehnten Todestages von Marc Bolan, den deutschen Marc Bolan & T. Rex Fanclub und gab das Fanzine „The Slider“ heraus, benannt nach dem dritten T.-Rex-Album.
Horst und Thomas, die zufällig gleichzeitig im Laden sind, stellen fest, dass sie bei demselben Queen-Konzert waren, am 2. Februar 1979 in der Frankfurter Festhalle. Mitschnitte dieser Show sind auf „Live Killers“ (1979) zu hören, etwa „Love Of My Life“, das in der Frankfurter Live-Version auch als Single ausgekoppelt wurde. Dass andere Lieder teilweise aus mehreren Konzerten zusammengebastelt und sogar Studio-Overdubs gemacht wurden, kann man staunend dem YouTube-Video „Live Killers 1979 Live vs. Overdubs“ entnehmen.
Den Zauber der Synchronizität könnte man viel öfter erleben, wenn man sich ein Beispiel an Horst und Thomas nehmen und fremde Menschen nicht nur in Kommentarspalten anquatschen würde. Tucholsky hat die Flüchtigkeit der
Connection-Chance formuliert: „Ein Auge winkt, die Seele klingt/ Du hasts gefunden, nur für Sekunden/ Zwei fremde Augen, ein kurzer Blick/ Die Braue, Pupillen, die Lider/ Was war das?/ Kein Mensch dreht die Zeit zurück/ Vorbei, verweht, nie wieder.“
Auf dem von Nick Hornby betexteten Ben-Folds-Album „Lonely Avenue“ (2010) heißt es in „From Above“ ganz ähnlich: „Sure we all have soulmates/ But we walk past them every day“, um dann zu folgern: „Maybe that’s how books get written/ Maybe that’s why songs get sung.“
Und das ist natürlich auch ein großes Glück.