Süße Bitterkeit und Balladen-Pop von ernsten Frauenzimmern: Die Lassie Singers singen wieder a gogo

Wenn Liebe Baldrian fürs Volk ist, dann sind die Lassie Singers der Magenbitter fürs Leben, Wie man weiß, häufen sich mit dem Alter die Magenprobleme. Die Lassie Singers hatten immer jene Abgeklärtheit, auf emotionale Verdauungs-Schwierigkeiten mit spitzen Refrains und treffenden Worten zu reagieren. Mädchenlebensweisheiten a gogo, trockene Situationsanalysen im Duett und Kurzromane per Schrammelakkord machten aus ihnen die etwas andere Schlager-Band.

Was anfangs als Schmetterhymnen im frechen Mädchenformat für den notwendigen Tritt in manchen abgesessenen Hintern sorgte, will heute mit subtileren Mitteln verbreitet werden. Schließlich gehöre man schon längst zu den old girls. Aber genau die sind eigentlich erst in der Lage, so wunderbar allwissend über Dinge wie „ein Faible für Idioten 14 zu reflektieren. Also versucht man, das Gören-Image etwas hinter sich zu lassen. „Das hat sich bei dieser neuen Platte von selbst so entwickelt. Das Hysterische fällt einem schon immer schwerer – ab und zu, als Erinnerung, kann man das schon machen, aber die Grundstimmung ist eher ruhig. Die Plattenfirma meinte auch gleich: Huch, wo sind denn die alten, die lauten Lassie Singers?“, so Christiane Hügelsheim. Den Sound von Ex-Ideal-Mann F. J. Krüger sind sie wieder losgeworden. Sängerin Christiane als auch Almut Schummel gelangten zudem zu der Erkenntnis, „untenrum etwas unterbeschäftigt“ zu sein – und lernten auf die alten Tage das Gitarrenspiel. Damit gab es gleich ein Problem weniger. „Wir wollen wieder eine richtige Band sein, mit Leuten, die in der Stadt wohnen. Wir haben einige Gitarristen ausprobiert, aber meistens waren wir dann doch froh, wenn die wieder weg und wir unter uns waren.“ Mit Schlagzeugerin Britta Neander und Bassistin Dodo Herting ist die Chemie wieder hergestellt, und für die Tour holen sie einen netten, jüngeren Gast-Gitarristen, der das ganze ein wenig tragen soll, ohne sich groß in den Vordergrund zu spielen. „Wir wollen das auf der Tour austesten. Jörg Heiser ist auch kein Profi, aber er kann immerhin besser spielen als wir.“ Soviel zum Formalen. Süße Bitterkeit drängt sich auf „Hotel Hotel“ in diese Selbstbekenntnisse ernster Frauen. Ein „Hallo, laue Welt“ grüßt aus dem nachdenklichen Hinterzimmer – und da, wo es sonst immer gekracht und gekreischt hat, zaubert ein verhalten verspieltes Schlagzeug Atmosphäre. Sie befinden sich zwar nicht mehr am Rande des Nervenzusammenbruchs, bewegen sich aber verhalten und unangestrengt zurück in die Garage. Der alte Karren called Balladen-Pop wird angeworfen und schlägt eine neue Richtung ein. Klassische Harmonien, melancholische Zweistimmigkeit, verweilende Melodien anstatt grellen Trotzes. Sicherlich nicht unschuldig daran ist Produzent Thomas Meinecke, F.S.K.-Mitglied und Radio-DJ.

Die Lassie Singers hatten schon immer die bessere Medizin.

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