Sufjan Stevens: „The Age Of Adz“ schon jetzt hören. Song for free.

Sufjan Stevens widmet sich auf seinem ziemlich irren, ziemlich großartigen Album der Kunst des ziemlich irren, ziemlich großartigen Malers Royal Robertson - ein selbsternannter Untergangsprophet, dessen Ex-Frau unsere Apokalypse einläuten wird.

Dass Sufjan Stevens nach rund fünfjähriger Release-Pause wieder da ist, weiß man spätestens seit dem Release seiner 8-Track-EP „All Delighted People“ – die mit rund 60 Minuten Spielzeit bereits recht üppig ausfiel. Nun hat Stevens jedoch auch sein neues Album fertig, das hierzulande Mitte Oktober erscheinen soll: „The Age Of Adz“ kann man jedoch bereits jetzt komplett im Netz hören.

Es ist mal wieder ein Konzeptalbum, diesmal eines, das sich dem Leben und dem Werk des Malers Royal Robertson widmet bzw. daraus seine Inspiration zieht. Das „Adz“ im Album spricht man – wie das Label klarstellt – übrigens wie „Odds“ aus. Der 1997 verstorbene Royal Robertson war eine ebenso tragische wie schillernde Figur der Kunstwelt. In Lousiana geboren und aufgewachsen, war Robertson zunächst professioneller Schildermaler. Nach der Trennung von seiner Frau Adell (die ihn wegen eines anderen Mannes verließ), mit der er 19 Jahre verheiratet war, nahm sein Leben eine tragische Wendung, einhergehend mit einer gesteigerten Kunstproduktion.

Der Schnelldurchlauf: Royal Robertson litt unter paranoider Schizophrenie, entwickelte eine aggressive Besessenheit zu seiner Ex-Frau Adell, hatte messianische sowie apokalyptische Visionen, in denen er mit Außerirdischen ins All reiste und diese ihm in Form von komplexen Nummernfolgen die Akokalypse verkündeten – auch apokalyptische Bibelstellen fanden den Weg in seine bizarren Fantasien, vor allem in Verbindung mit seiner Ex-Frau, die nach Robertsons Glauben, mit ihrem Akt des Ehebruchs den Anfang vom Ende beschritten hat.

All das findet sich auch im Werk Robertsons, das er übrigens oft mit einfachen Alttagsmaterialen wie Filzstiften und Clipboards anfertigte. Im Zuge einer selbsterfahrenen Erleuchtung ernannte sich Royal Robertson schließlich gar zum Propheten des Untergangs und bezeichnete sich (wie man hier nachlesen kann) fortan als „Libra Patriarch Prophet Lord Archbishop Apostle Visionary Mystic Psychic Saint Royal Robertson“. Über seinem Wohnhaus in Louisiana prangte ein Schild das ihn als „Prophet Royal Robertson“ auszeichnete. Ein weiteres Schild besagte: „All Nasty Adell And Dope Pushermen And Nasty Boys Keep Off!“. Hier gibt es ein Foto seiner bizarren Behausung.

Einen kleinen Einblick in sein Schaffen bekommt man in dieser Galeriebegehung einer Royal Robertson-Ausstellung:

Nach diesem Exkurs ist es eine doppelte Freude, sich mit dem neuen Album von Sufjan Stevens zu befassen. Denn ein Teil dieses bei Robertson durchscheinenden Irrsinns findet sich auch in der Musik und in den Texten von „The Age Of Adz“. Ebenso wie die Themenfelder „Liebe, Sex, Tod, Krankheit, Angst und Selbstmord“ – wie sie Sufjan Stevens seinen Label gegenüber aufzählte.

Allein der 25-minütige Song „Impossible Soul“ feuert dermaßen viele Ideen ab, dass man leicht überfordert sein könnte. Computerfiepen, Harfenklänge, Stevens samtene Stimme, Chöre, deren Harmonie hinterrücks von geradezu trampelnden Drums zertreten wird, sogar einen Autotunepart gibt es in diesem Monster von Song.

Aber es ist ein kontrollierter, ein spielerischer Wahnsinn den Sufjan Stevens da in seinem „Age Of Adz“ inszeniert, denn immer wieder findet man auch wunderbar harmonische Songs und Melodien und Gesänge, wie man sie an ihm seit langem schätzt. Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, dass Sufjan Stevens die sonst von ihm genutzten Mittel des Folks nun vernachlässigt und Royal Robertsons Gedankenwelt voller Raumschiffe, Außerirdischer und futuristischer Automobile lieber mit elektronischen Störgeräuschen vertont, hat man hier ein herausforderndes und wieder einmal geradezu streberhaft geniales Album. Und wer das nicht sieht oder sehen will, der hat auf „The Age Of Adz“ immer noch eine Handvoll schlichtschöner Popsongs, wie das an Postal Service erinnernde „I Walked“ oder den Free Download-Song „Too Much“, der nur wild bleepend beginnt und dann recht schnell domestiziert wird.

>>>> Hier geht’s zum Free Download von „Too Much“.

Das Album erscheint bei uns voraussichtlich am 08. Oktober.

>>>> Hier geht’s zum Albenstream.

Daniel Koch

Abonniere unseren Newsletter
Verpasse keine Updates