Superheld geht in die Tiefe

Vom Erfolg des neuen Eventfilm-Spektakels "Clash Of The Titans" hängt Hollywoods Zukunft ab. Werden wir demnächst nur noch mit 3D-Brillen ins Kino gehen können?

Gerade als man dachte, die monumentalen Technikschlachten im Hollywood-Kino seien endlich alle geschlagen, gab James Cameron dem Kinospektakel mit seinem „Avatar“ eine neue Tiefe. Klar, dreidimensionales Kino gab es auch schon vorher, doch seien wir ehrlich: Bisher hatte der Griff zur 3D-Brille immer etwas infantil Regressives. Nach dem Mega-Erfolg von Camerons Öko-Blockbuster wird das Pappgestell nun aber wahrscheinlich schon sehr bald zur Grundausstattung jedes Kinogängers gehören. Vielleicht werden sogar kunsttheoretische Debatten entbrennen wie einst zur Einführung des Ton- und des Farbfilms. Hollywood jedenfalls glaubt, ein neues Mittel gegen Internetpiraterie und illegale DVD-Kopiererei gefunden zu haben. Das Kino wird zum Event. Man ist jetzt mittendrin statt nur dabei.

Die Sorge, das Publikum mit einer Technik angefixt zu haben, ohne mittelfristig ähnlich reinen Stoff wie „Avatar“ in der Pipeline zu haben, führte bei den großen Studios zu riskanten Übersprungsreaktionen. Als als erstes traf es den Monumentalfilm „Clash Of The Titans“, der am 1. April in deutsche Kinos kommt. Der Film war stets als konventioneller, zweidimensionaler Streifen geplant, und erste Ausschnitte ließen auch nichts missen an epischer Bildsprache. Gestandene Schauspieler wie Sam Worthington („Avatar“), Mads Mikkelsen („Casino Royal“) oder Ralph Fiennes mühten sich mit ihren kurzen Röckchen redlich, dem klassischen Kostümfilm Gravität zu verleihen.

Doch das Studio Warner Bros, ging im letzten Moment auf Nummer sicher und orderte für zusätzliche fünf Millionen Dollar Produktionskosten noch eine 3D-Nachbearbeitung. Ein in der Branche durchaus mit Sorge verfolgtes Experiment. Wenn „Clash Of The Titans“ nun tatsächlich visuell überzeugen sollte, wird das 3D-Upgrade von 2D-Produktionen in Serie gehen.

„Clash Of The Titans“ war bis dahin schon durch einige Metamorphosen gegangen. Als die Planungen für den Film 2002 begannen, standen gerade Sandalenfilm-Themen hoch im Kurs. Schließlich hatte ein Jahr zuvor Ridley Scotts „Gladiator“ bei den Oscars ordentlich abgeräumt. Da lag man mit der aus der griechischen Mythologie entlehnten Geschichte vom Halbgott Perseus, der seine Familie aus den Fängen des Hades – dem Gott der Unterwelt – retten will, genau richtig.

Zudem bot sich der Stoff geradezu an, die neuesten Errungenschaften der Studiotechnologie einzusetzen. Schon die erste filmische Bearbeitung des Stoffs von 1981 war eher ein Showcase der damals gerade für große Cineasten-Augen sorgenden Stop-Motion-Technologie. Ausgewogener Geschichtsunterricht ist halt nicht zu erwarten, wenn Perseus ins Gefecht gegen Riesenskorpione oder einen von Poseidon höchstselbst entfesselten Kraken geht.

Das Erfolgsmodell „Gladiator“ wurde während der Konzeption von „Clash Of The Titans“ allerdings sehr bald abgelöst. Comic-Helden wie „Spiderman“, „The Fantastic Four“ und „The Incredible Hulk“ fielen über Hollywood her, und so änderte sich die Strategie für das antike Action-Spektakel. Aus dem griechischen Grobian Perseus wurde eine Art Ur-Superheld. Comicautoren von Stan Lee bis Frank Miller haben sich ja seit jeher im Fundus der Mythologie bedient, um Vorbilder für Figuren im Personal der alten Sagen zu finden. Der französische Jungregisseur Louis Leterrier sollte nun mit seiner rastlosen Pop-Sensibiliät einiges aus dem Reich der Superhelden zurück in die Antike holen und mit „Clash Of The Titans“ quasi dort weitermachen, wo er mit „The Incredible Hulk“ aufgehört hatte.

Doch wo der Film beim Dreh im Frühling 2009 noch als heimliches Superhelden-Abenteuer mit Hang zum Archaischen gehandelt wurde, dessen Macher die Erfolgsmodelle von „Gladiator“ und „300“ genau studiert hatten, geriet die Produktion nach dem Erfolg von „Avatar“ Anfang 2010 wiederum unter ziemlichen Druck und man schoss „Clash Of The Titans“ in die dritte Dimension.

Man darf gespannt sein auf den Erfolg dieses Präzedenzfalls. Durchschauen und verschmähen die Zuschauer den Etikettenschwindel, könnten sich die „Avatar“-Nachschubsorgen als Systemproblem erweisen – denn mit Camerons Fantasie und Pioniergeist können auch künftig garantiert nur eine handvoll Regisseure mithalten.

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