Titelgeschichte im ROLLING STONE – Die Toten Hosen: Lust am Leben

Erst Sensationserfolge, dann Schicksalsschläge: Die Toten Hosen haben einiges durchgemacht, aber die Lust am Leben lassen sie sich nicht nehmen. Ein Gespräch mit Campino über Vergänglichkeit, Kraft und Zündstoff – und vier Themen, über die Andi, Breiti, Kuddel und Vom schon immer mal im ROLLING STONE lesen wollten.

Ein Auszug aus der neuen Ausgabe des ROLLING STONE (5/2017)

Ein Mittwoch im März. Das neue Album der Toten Hosen ist theoretisch fertig, die Platten­firma hat nach Düsseldorf eingeladen, zum Anhören und anschließenden Gespräch. Im Konferenzraum stehen Kaffee und Wasser bereit, die Stereoanlage leuchtet schon. Fehlt nur noch die CD. „Wird gerade gebrannt“, heißt es, eine Viertelstunde noch. Na ja, vielleicht eine halbe. Eine Stunde später kommt sie dann tatsächlich an, noch warm. Sie heißt „Laune der Natur“ und wird am 5. Mai im Doppelpack mit „Learning English Lesson 2“ veröffentlicht, der Fortsetzung ihres Coveralbums von 1991. Eigentlich haben Die Toten Hosen schon vor eineinhalb Jahren angefangen, an den beiden Alben zu arbeiten, aber jetzt wird natürlich doch wieder alles erst auf den letzten Drücker beendet.

Als Campino am nächsten Tag erneut den Konferenzraum betritt, muss er lachen: „Das war ja fast schon Comedy gestern: dass du hier sitzt und auf das Album wartest wie an der Theke beim Bäcker auf die frischen Brötchen. Viel enger geht’s dann nicht mehr. Und gleichzeitig ist das ja auch ein Antrieb. Kennst du das aus der Kindheit? Wenn du jemanden ärgerst und der stink­sauer hinter dir herläuft, dann weißt du: Sobald er dich erwischt, wird er dir eine knallen, und dann tut’s weh. Aber bis dahin lacht man ­komischerweise blöd, weil da dieser Reiz ist. So ähnlich ist der Kampf mit dem Zeitdruck.“

Dabei ist die Art, wie die Hosen Alben aufnehmen, eigentlich recht komfortabel: Sie fahren alle paar Wochen zusammen aufs Land, zu Vincent Sorg ins Studio, und machen dort ein paar Tage lang Demos. „Da kommt so eine Art Jugendherbergsgeist auf“, beschreibt der Sänger die Stimmung. Offensichtlich haben sich die fünf auch nicht unnötig davon verwirren lassen, dass ihnen mit dem vorigen Album etwas ganz und gar Ungewöhnliches passiert ist: „Ballast der Republik“ wurde 2012, unter anderem dank des Hits „Tage wie diese“, zum erfolgreichsten Album der Band – in ihrem 30. Karrierejahr. Dass sich so was kaum wiederholen lässt, ist allen klar.

Wünschen sie es sich trotzdem? „Ach, was man sich alles wünscht!“, tut Campino diese Vorstellung mit einem Schulterzucken ab. „Man steckt ja immer alles rein in die Lieder und möchte natürlich, dass sie erfolgreich sind. Dabei geht es gar nicht darum, irgendwelche Straßenstampfer rauszuhauen, sondern darum, ein Lied zu schreiben, das gut ist. Das beste, das man je gemacht hat. Oder wenigstens eins, das man so noch nie gemacht hat. Das Gefühle auf eine besonders intensive Art trifft. Unsinnig wäre es zu versuchen, noch mal an ‚Tage wie diese‘ ranzukommen, weil da so viele unberechenbare Faktoren reinspielen: Erst mal muss man ein Lied haben, das die Voraussetzungen zu so einem Hit hat, aber dann ist es auch Zufall. Die Gunst der Stunde: dass da gerade ein Fußballturnier ist und die Mannschaft genau dieses Lied wählt und es wochenlang dudelt. Das kann keiner beeinflussen, und da laufen wir auch nicht hinterher.“

Wenn man etwas veröffentlicht, gibt man es frei. Jeder hat das Recht, das dann für sich zu interpretieren. Es schmälert doch mein Verhältnis zu dem Lied nicht, dass Helene Fischer es gecovert hat.

Und weil zuletzt alles so gut lief, haben sich die Toten Hosen wieder dieselben Leute zum Songschreiben und ins Studio geholt: Einige Texte entstanden zusammen mit Marten Laciny alias Marteria, neben Sorg produzierte auch Tobias Kuhn. Drei Leute, die Campino gar nicht genug loben kann: „Die Konstellation ist einfach traumhaft, das Vertrauen untereinander sehr groß. Marten und ich sind seit Jahren eng befreundet, wir fahren auch schon mal zusammen in die Ferien. Da redet man natürlich über alles Mögliche, und das fließt zwangsläufig in die Arbeit mit ein. Für mich ist es ein Riesengeschenk, ihn getroffen zu haben, weil er mir so viel gibt. Er hat eine ungewöhnliche Art, mich anzuzünden. Er ist so positiv, davon lasse ich mich gern mitreißen. Ich brauche so etwas manchmal.“

Lesen Sie die weiter – die vollständige Titelgeschichte im neuen ROLLING STONE:

 

Paul Ripke
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