Trump meint es ernst mit dem Einsatz des Spionagegesetzes gegen die Medien
Es ist eher eine Frage des Wann, nicht des Ob, dass Trump versucht, Journalisten mit dem archaischen Gesetz strafrechtlich zu verfolgen
Donald Trump hasst Whistleblower. Auch Journalisten mag er nicht. Er will beide bestrafen. Als Reaktion auf Berichte, denen zufolge frühe Geheimdienstanalysen des Pentagons ergeben haben, dass die jüngsten Angriffe der Regierung auf den Iran nicht so effektiv waren, wie der Präsident behauptet.
„Sie sollten strafrechtlich verfolgt werden“, sagte Trump, als ihn Maria Bartiromo von „Fox Business“ zu seiner Behauptung befragte, die Demokraten hätten die Informationen durchgestochen. Er fügte hinzu, die Regierung könnte versuchen, Reporter zu zwingen, ihre Quellen preiszugeben. Mit dem Hinweis: „Nationale Sicherheit.“
Eine Möglichkeit, über die Trump zur Bekämpfung von Whistleblowern und Medien gesprochen hat, ist der Einsatz des Spionagegesetzes. Ein Gesetz von 1917, das die Weitergabe sensibler Informationen unter Strafe stellt, wenn dadurch die nationale Sicherheit der USA gefährdet oder ein fremdes Land begünstigt werden könnte. In den Monaten vor Beginn seiner zweiten Amtszeit diskutierten Trump und mehrere seiner Berater sowie enge Verbündete laut zwei Quellen, die an diesen Gesprächen beteiligt waren, darüber, wie man das Spionagegesetz nicht nur gegen Regierungsmitarbeiter und Whistleblower einsetzen könnte. Sondern auch gegen Medien, die geheime oder hochsensible Informationen erhalten haben.
„Warum nicht gegen die Presse?“
„Warum nicht gegen die Presse?“, soll Trump laut einer der Quellen gesagt haben. Mit der Begründung, es ergebe in seinen Augen überhaupt keinen Sinn, dass das Gesetz traditionell nur gegen Whistleblower angewendet werde. Nicht aber gegen Journalisten, die geheime Informationen zur nationalen Sicherheit veröffentlichen.
Trumps Wunsch, das Spionagegesetz als Waffe einzusetzen, hat sechs Monate nach Beginn seiner zweiten Amtszeit nicht nachgelassen. Im Gegenteil, er ist stärker geworden.
In den letzten Tagen – während eines andauernden Wutanfalls über das Durchsickern von Geheimdienstinformationen zu den Angriffen gegen den Iran an Medien wie CNN und die „New York Times“ – hat der Präsident laut einer Quelle sowie einem ranghohen Regierungsbeamten erneut privat darüber gesprochen, das Spionagegesetz gegen Reporter einzusetzen.
Die Vertrauten des Präsidenten hören zu. Und sie – so der Regierungsbeamte – suchen nach dem passenden Fall für ihre „Jungfernfahrt“ eines beispiellosen Einsatzes des Spionagegesetzes. Ziel ist es auch, Medien generell einzuschüchtern, wenn es um die Veröffentlichung geheimer Regierungsinformationen oder den Schutz vertraulicher Quellen geht.
Trump will es durchziehen – koste es, was es wolle
Trump selbst ist besonders daran interessiert, wenn es der Regierung nicht gelingt, einen Journalisten dazu zu bringen, auf seinen Schutz durch den Ersten Verfassungszusatz zu verzichten. Und freiwillig eine Quelle preiszugeben, die auf andere Weise nicht eindeutig durch interne Ermittlungen identifiziert werden kann.
Die Quellen sagen, sie wüssten nicht, ob die laufenden Ermittlungen wegen des Leaks zu den Iran-Angriffen – die in Zusammenarbeit mit dem FBI unter Leitung des Trump-Vertrauten Kash Patel durchgeführt werden – am Ende eine solche Gelegenheit bieten werden. Doch Regierungsbeamte und andere Trump-nahe Republikaner betonen, dass hochrangige Stellen im Justizministerium, im Weißen Haus und anderswo aktiv nach einem Musterfall suchen, bei dem sie gegen amerikanische Reporter und ihre Medien als angebliche „Mitverschwörer“ strafrechtlich vorgehen könnten.
„Alles, was wir wirklich brauchen, ist eine einzige SMS oder E-Mail von einem Reporter an eine Quelle. Eine, in der steht: ‚Kannst du mir was besorgen?‘. Oder eben etwas in der Art“, sagt der ranghohe Regierungsbeamte. „Wenn jemand in den Medien nur für einen Moment unvorsichtig ist, kann das den Unterschied machen zwischen einem Journalisten und einem Kriminellen.“
Auf die Frage, ob die Regierung das Spionagegesetz gegen Whistleblower und Journalisten einsetzen wolle, erklärte sich Anna Kelly, Sprecherin des Weißen Hauses, gegenüber ROLLING STONE. „Das Durchstechen geheimer Informationen ist ein Verbrechen. Und jeder, der auf diese Weise die nationale Sicherheit der USA bedroht, muss zur Rechenschaft gezogen werden.“
Obama öffnete die Tür – Trump sprengte sie auf
Barack Obama ließ es unter seiner Präsidentschaft zu, dass das Justizministerium das Spionagegesetz zunehmend gegen journalistische Quellen einsetzte. Und öffnete damit eine Tür, die Trump in seiner ersten Amtszeit bereitwillig aufsprengte.
„Obamas Justizministerium klagte acht journalistische Quellen nach dem Spionagegesetz an. Mehr als alle US-Präsidenten vor ihm zusammen“, berichtete „The Intercept“ im Jahr 2019. „Donald Trump übertraf Obamas achtjährige Bilanz in nur etwas mehr als zwei Jahren im Amt.“
Eine Anklage nach dem Spionagegesetz gegen einen Journalisten oder ein Medium – allein weil sie Informationen veröffentlichten, die Trump verärgerten – wäre ein düsterer, bedeutender Schritt. Der unweigerlich zahlreiche verfassungsrechtliche Anfechtungen auslösen würde. Dennoch glauben Trump und einige seiner Getreuen, dass sie in den ersten vier Jahren härter hätten durchgreifen können. Und das nun nachholen wollen.
„Oh, das wird brutal“, sagte ein konservativer Anwalt aus Trumps Umfeld im Dezember über die bevorstehende Offensive gegen Presse, Whistleblower und anonyme Quellen. „Wir haben unsere Lehren aus der ersten Amtszeit gezogen. Und eine davon ist, dass man noch aggressiver sein muss.“
Die autoritäre Schraube wird weiter angezogen
Tatsächlich erfüllt die derzeitige Regierung bereits ihre Versprechen, das autoritäre Vorgehen gegen die Medien und die Meinungsfreiheit insgesamt zu verschärfen.
Trump hat übrigens auch eine persönliche Geschichte mit dem Spionagegesetz. Jenseits seiner Überlegungen, es gegen Journalisten einzusetzen. Das Justizministerium warf ihm über 30 Verstöße gegen das Gesetz vor, nachdem er eine große Menge hochsensibler Regierungsdokumente in seinem Beachclub in Florida gehortet hatte. Aileen Cannon, die von Trump ernannte Bezirksrichterin, ließ die Anklagen im vergangenen Sommer fallen.