Terror in Manchester: Warum wurden so viele gefälschte Vermisstenfotos gepostet?

Nach dem Anschlag auf ein Pop-Konzert von Ariana Grande gibt es im Netz Tausende gefälschte Vermisstenanzeigen. Ein zynisches Spiel mit der Trauer. Doch wer steckt dahinter?

Nachdem bekannt wurde, dass sich am Montag (22. Mai) in einer Arena in Manchester nach einem Konzert von Ariana Grande eine Terror-Attacke ereignet hatte, stand das Netz nicht mehr still. Alle großen Nachrichtenseiten informierten ihre Leser über die Zustände vor Ort, gaben Polizeiberichte weiter und recherchierten die Hintergründe. Doch über Twitter und viele andere soziale Netzwerke wurden ebenfalls so viele Nachrichten verbreitet wie kaum zuvor in Großbritannien, wie die „Tagesschau“ berichtet. Der Grund: Tausende Menschen schalteten Vermisstenanzeigen, suchten ihre Liebsten, die sich an dem Abend in oder um die Arena aufhielten.

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Doch nur Stunden nach dem Selbstmordanschlag des inzwischen identifizierten Attentäters Salman Abedi, der 22 Menschen mit in den Tod riss und weit mehr als 50 zumeist junge Personen verletzte, tauchten auch unzählige Bilder von Menschen auf, die gar nicht vermisst wurden. Bekannt wurde dieser Umstand, der auch schon bei anderen Terror-Anschlägen in der Vergangenheit beobachtet wurde, durch den YouTuber „TheReportOfTheWeek“. Der war auf einem Vermisstenbild gezeigt worden, das mehr als 15.000 Mal geteilt worden war. Dazu stand: „Mein Sohn war heute in der Manchester Arena. Er geht nicht mehr ans Telefon. Bitte helft mir!“ Mit einem Video unter dem Titel „I’m Alive“ entlarvte der Videoproduzent den Hoax. Außerdem warnte er: „Das war ein Versuch verschiedener Trolle, die Öffentlichkeit mit Fake-News hinters Licht zu führen.“

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Neue Form des Terrors?

Unter den angeblich Verschollenen befanden sich zahlreiche Internet-Celebrities, YouTuber und 4Chan-User. Anscheinend hatten sich die hinterhältigen Internet-User den Trubel um den Terror-Anschlag zunutze gemacht, um ein zynischen Spiel mit den Hinterbliebenen und ängstlichen Familien zu beginnen. Wer genau dahinter steckt, ist nach wie vor unklar. Tabea Wilke, die mit ihrer Initiative „Botswatch“ Fake-News beobachtet, sagte dazu in einem Interview mit der „FAZ“, dass es dies in der Dimension bisher noch nicht gegeben habe. Für sie ist nicht von vornherein klar, ob dahinter nicht auch ein politisches Ziel stecke. „Wenn das so ist, dann wäre es eine völlig neue Form des Terrors“, so Wilke in der „FAZ“.

Polizisten am Tatort in Manchester
Polizisten am Tatort in Manchester

Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass ISIS-Terroristen versuchen, mit Fake-News nach einer gezielten Bomben-Attacke für weiteres Chaos zu sorgen. Doch wahrscheinlicher ist, dass es sich bei den Produzenten solcher Meldungen um Trolle handelt. Also zumeist Jugendliche oder junge Erwachsene, die sich bevorzugt auf vermeintlich anonymisierten Plattformen wie 4Chan oder Reddit aufhalten und hier auch mit ihren zweifelhaften Taten prahlen.

Ziel: Angstpotenzierung

Sie erfreuen sich am Leid der anderen und potenzieren die Gefahren für die Opfer solch einer Attacke um ein Vielfaches, als es in anderen Bereichen des Internets durch Cyber-Bullying ohnehin schon geschieht. Möglicherweise ist dies längst zu einer Art ‚Sport‘ geworden, mit dem versucht wird, aus einer Laune heraus (und einfach weil es eben möglich ist) andere Menschen zu verletzen.

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Bisher gibt es gegen diese Form der Fake-News noch kaum ein Gegenmittel – wohl auch, weil das Ziel nicht nur ist, zu desorientieren. Vielmehr soll gezielt die Verunsicherung und Angst verstärkt werden. Damit spielen Trolle den Terroristen – ungewollt oder nicht – in die Karten.

Dave Thompson Getty Images
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