Weil wir es wollen

ACHTZEHN JAHRE – so lange ist es her, dass Mazzy Star ein Album veröffentlicht haben. Doch Zeit spielt keine Rolle für Hope Sandoval und David Roback. Kaum jemand verweigert sich den Rhythmen der Musikbranche so konsequent wie das Psychedelic-Westcoast-Dream-Folk-Duo aus Kalifornien. Die Jahre fließen wie die Musik von Mazzy Star – traumartig, meditativ, ohne erkennbaren Anfang oder ein klares Ziel.

Entsprechend wollen die Künstler ihr viertes Album, „Seasons Of Your Day“, auch nicht als Reunion verstanden wissen. „Wir haben immer Musik geschrieben und aufgenommen, nur eben nicht veröffentlicht“, sagt Sandoval. „Uns war es genug, uns die Lieder hin-und herzuschicken.“ Roback ergänzt: „Wir interessieren uns nicht so sehr für die Veröffentlichung von Musik, auch nicht immer dafür, sie live zu spielen. Schreiben und Aufnehmen, das ist das Mysterium.“

Ganz ins Private zurückgezogen haben sich Mazzy Star seit 1996 allerdings nicht. Die in Kalifornien lebende Sandoval startete mit My-Bloody-Valentine-Trommler Colm Ó Cíosóig die Warm Inventions, die seit 1996 immerhin zwei Platten veröffentlichten; zudem sang sie gelegentlich für andere Künstler. Roback ist vor 15 Jahren nach Norwegen gezogen, wo er ein kleines Studio betreibt, in dem vor allem norwegische Künstler aufnehmen (Mari Boine und Susanna And The Natural Orchestra). Beide Künstler pendeln zwischen Kalifornien, Norwegen und Großbritannien. Gleich mehrere der neuen, im Lauf der vergangenen Jahre entstandenen Lieder wurden in London geschrieben, darunter die erste Single, „California“, ein entrückter, an Led Zeppelins akustische Momente erinnernder Blues-Folk. „Das ist ein sentimentales Lied über unsere Heimat“, erklärt Sandoval, „wir saßen in London, erinnerten uns an unsere Kindheit und hatten Heimweh.“

Mehr möchten Mazzy Star zu den Liedern auf „Seasons Of Your Day“, auf der neben Ó Cíosóig auch der 2011 verstorbene Mazzy-Star-Freund Bert Jansch ein Gastspiel hat, lieber nicht sagen. „Natürlich sind diese Lieder für uns wie unterschiedliche Welten, die sich umeinander drehen und in einer Beziehung zu unserem Leben stehen“, sagt Roback, „aber wir möchten den Zuhörer einladen, selbst zu sehen, wohin ihn die Melodie und die Erzählung führen.“

Schweigen, Öffentlichkeit vermeiden, nur die Musik sprechen lassen – das gehört zu Mazzy Star wie Robacks seufzende Slide-Gitarre und Sandovals betörender Schwebegesang. Die oft von spürbarem Unbehagen gekennzeichneten Interviews und die Auftritte im Dunkeln sind die andere Seite dieser selbstvergessenen Musik, die auf „Seasons Of Your Day“ noch mehr Ruhe ausstrahlt und konziser wirkt als bislang.

Schon im vergangenen Jahr hat die Band bei einigen Festivals gespielt -und es zum Teil gleich wieder bereut.“Wir bevorzugen eine intimere Umgebung“, erklärt Roback diplomatisch. Doch das neue, auf dem just gegründeten eigenen Label veröffentlichte Album soll raus, in die Welt und auf die Bühne -es regt sich Tatendrang bei Mazzy Star. „Wir haben mit der Musikindustrie nichts zu tun und handeln nach unseren eigenen Regeln“, sagt Hope Sandoval entschieden. „Wir müssen nichts veröffentlichen, und wir müssen auch nicht auftreten. Aber wir wollen es jetzt.“

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