Zum Stillsitzen verdonnert

Er ist der erfolgreichste Rapper der Welt, doch die Karriere von Lil Wayne kommt im März erst einmal zum Stillstand: Der Workaholic muss wegen illegalen Waffenbesitzes ins Gefängnis.

Aufhören will ich auf keinen Fall“, sagt er. „Ich bin mir sicher: Wer aufhört, stirbt.“ Es ist 20:30 Uhr in Atlanta, und der erfolgreichste Rapper der Welt wird die nächsten elf Stunden auf den Beinen sein. Er wird sechs Stunden lang neue Beats checken, telefonieren, mindestens 40 SMS schreiben und sechs oder sieben dicke Joints rauchen.

Seit einem Jahrzehnt ist das für den 27-Jährigen ein normaler Tagesablauf. Genauer gesagt: war. Denn am 2. März, einen Monat nach der Veröffentlichung seines siebten Studio-Albums, „Rebirth“, wandert Dwayne Carter hinter Gitter, um eine einjährige Strafe abzusitzen. New Yorker Cops hatten ihn 2007 festgenommen, als sie an seinem Tourbus vorbeikamen, Gras rochen, den Bus durchsuchten und dabei eine illegale Waffe fanden. Im letzten Oktober akzeptierte Wayne nach langem juristischen Hickhack endlich das Urteil. Eigentlich sollte er schon Anfang Februar einsitzen, bekam dann aber noch Aufschub, um eine dringend nötige Zahnoperation vornehmen zu lassen.

Lil Waynes Evolution vom Gangsta-Kid in New Orleans zum Pop-Phänomen begann früh und erreichte schnell ihren Höhepunkt. Mit 15 nahm ihn die Plattenfirma Cash Money unter Vertrag und steckte ihn in die Gruppe Hot Boys. 2004 reüssierte er solo mit „Tha Carter“, 2005 folgte das Hit-Album „Tha Carter II“. In den zwei Jahren danach öffnete Wayne alle Schleusen und veröffentlichte ständig neue Mixtapes oder mischte als Gast bei Kollegen mit, schließlich kam „Tha Carter III“ und verkaufte sich in den USA innerhalb einer Woche eine Million Mal.

Mit der wachsenden Produktivität vermehrten sich nicht nur seine Tattoos – man munkelte auch, dass Waynes Drogenkonsum exponentiell gewachsen sei. Er gab zu, ein Kodein-Softdrink-Gebräu namens „Drank“ zu konsumieren, der den Rapper Pimp C angeblich das Leben gekostet hatte. „Von dem Zeug lasse ich schon lange meine Finger“, sagt er. Exakt am 9. Mai 2009 habe er den Schlussstrich gezogen, ohne Entzugserscheinungen. Andere Drogen? „Gras. Jeden Tag.“ Ob er sich für süchtig halte? „Dann bin ich aber ein sehr erfolgreicher Süchtiger. Und ein cleverer. Und ein charismatischer. Und einer, der vier Grammys gewonnen hat. Und einer, der noch immer besser rappt als alle anderen Rapper. Und einer, der vier Kinder hat und der beste Daddy in der Welt ist.“ Er lacht. „Wonach also bin ich süchtig – einfach der Beste zu sein?“

Wenn er seine Strafe im Gefängnis auf Rikers Island antritt, wird Wayne kaum mit den gewöhnlichen Insassen Bekanntschaft machen. Für Häftlinge wie ihn, die die Gefängnisleitung als potenziell gefährdet einstuft, steht ein Sondertrakt zur Verfügung. Sein Manager ist sich allerdings bewusst, dass es „in dieser Industrie tödlich ist, wenn man für sechs Monate von der Bildfläche verschwindet“. Um das zu vermeiden, arbeitet sein Label rund um die Uhr: Man bewirbt nicht nur „Rebirth“ und das neue Album von Young Money, Waynes Posse, sondern produziert gerade noch rechtzeitig einen ganzen Schwung von Videos, die während Waynes Abwesenheit peu ä peu veröffentlicht werden sollen. Das größte Kaliber ist aber „Tha Carter IV“, das bereits fertiggestellte Album, das auf einer Festplatte im Tresor schlummert und veröffentlicht werden soll, sobald Wayne das Gefängnis wieder verlässt was, bei guter Führung, nach acht oder zehn Monaten der Fall sein wird.

Auf seine Augenlidern hat Wayne zwei Worte tätowieren lassen: „Fear“ und „God“. „Wenn Gott mich in diese Situation führt“, sagt er, „dann ist es wohl eine Erfahrung, die ich machen muss. Deshalb empfinde ich es nicht als negativ. Obwohl: Als gottverdammt positive Erfahrung sehe ich es auch nicht gerade.“

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