Tom Petty And The Heartbreakers

„Tom Petty And The Heartbreakers“ – Instant Classic Rock

Geffen (VÖ: 18.11.)

Die beiden ersten LPs der seinerzeit noch nicht erfolgsverwöhnten US-Band jetzt in gediegenen 180-Gramm-Pressungen.

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Selbst altgediente Byrds-Fans ließen sich blenden, seinerzeit, 1976, als sie erstmals „American Girl“ im Radio hörten. Dieser Sound, dieses byrdsianische Euphorium aus Jingle-Jangle und hochfliegenden Melodiebögen, dazu diese Stimme, die so überzeugend nach Roger McGuinn klang bis hin zu Prononcierung und Phrasierung, dass frühe Reviews der Single in englischen Music Papers eine Koinzidenz ausschlossen. Nein, das konnte kein Zufall sein, hier stellt sich jemand bewusst in eine Tradition, um mit Anlauf offene Türen einzurennen.

In Amerika ging Robert Christgau in seiner Kritik noch weiter, unterstellte schnöde Berechnung, sprach von „instant classic rock“ und meinte das nicht unbedingt positiv: Diese 12-inch-Single wie das gesamte Debütalbum von Tom Petty & The Heartbreakers sei ein Geschenk für „addicts of updated nostalgia and rock and roll readymades“. Und weiter: „The songs are cute, the riffs executed with more dynamism than usual, and the singing attractively phlegmy.“ Böse, böse.

Hier wurde mit Bedacht auf zwei Hochzeiten getanzt

Immerhin fielen die frühen Lebenszeichen von Petty und seiner Band just auf jene zeitliche Schnittstelle, als sich stilgeschichtlich ein tiefer Graben auftat zwischen Onkel Rock und seinem unbotmäßig revoltierenden Neffen namens Punk. Immerhin hatten die Ramones bereits vorgelegt und die Parameter der Zumutbarkeit so weit verschoben, dass Heartbreakers-Produzent Denny Cordell von Shelter Records bald einsah: „Unser Glück ist, dass wir von beiden Seiten willkommen geheißen wurden, von den Vertretern der Neuen Welle wie von älteren Semestern.“ Kein Wunder, gehörten zu den Gastmusikern der Sessions doch sowohl Veteranen wie Jim Gordon und Emory Gordy als auch das Power-Pop-Gespann Dwight Twilley und Phil Seymour. Hier wurde mit Bedacht auf zwei Hochzeiten getanzt.

Dann wurde es schräg. Roger McGuinn himself, Petty-Idol und musikphilosophisch eigentlich schon von vorgestern, adoptierte „American Girl“, mehr noch, er erkannte den Song als blutsverwandt an, nahm ihn in sein Live-Repertoire auf und brachte eine eigene Studioversion heraus, auf seiner Solo-LP „Thunderbyrd“. Er habe lange mit sich gerungen, so der einstige Byrds-Lenker, wie er diese „ultimative Schmeichelei“ werten sollte, dann habe er sie einfach umarmt und sei mittlerweile sogar stolz darauf. Proud to be followed? Watch the parking meters!

Alles war auf Konsolidierung abgestellt

Eine weitere Single, „Anything That’s Rock’n’Roll“, reüssierte im UK, das Rookie-Album wurde zum Dauerseller, ohne je selbst einen nennenswerten Abdruck in den Charts zu hinterlassen. Ebenso wenig wie die Nachfolge-LP „You’re Gonna Get It!“ (★★★ ), die im Mai 1978 erschien und von den meisten Rezensenten als Abklatsch rezipiert wurde, musikalisch der Debüt-LP ähnlich, indes kompositorisch weniger überzeugend. „Petty makes no bones about rephrasing the musical and lyrical themes which constituted pop“, schrieb einer, doch sei das ja nicht ehrenrührig, zumal auch das zweite Album noch mit ein paar feinen Tracks aufwarte. Lobende Erwähnung fand vor allem „Listen To Her Heart“, das auch als Single für Airplay sorgte.

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Das Personal blieb unverändert, Petty und Mike Campbell setzten verstärkt auf Twelve-String Guitar, Benmont Tench wechselte wieder zwischen Piano und Hammondorgel, alles war auf Konsolidierung abgestellt, abermals verantwortet von Denny Cordell an den Controls. Der war nebst Audie Ashworth (J. J. Cale!) durch die exzellente Shelter-Schule des abgerundeten, unaufgeregten Tons gegangen, durchaus auf der Höhe der Zeit. Dann kamen die Achtziger und Tom Petty tauschte Pop und Rock’n’Roll gegen Rock und Mammon (wenn man so will).

Diese Review erschien im Rolling Stone Magazin 5/25.